Mein diesjähriges Geburtstagsgeschenk an mich selbst war wieder ein Randall-Messer aus Orlando in Florida. Ich entschied mich für eine leichte Abwandlung des klassischen Design-Musters des #15 "Airman", einem Überlebensmesser mit spezieller Geschichte.
Das Modell 15 stellte eines derjenigen Modelle dar, die ich noch gerne besitzen möchte. Manche der Randall-Messer sind mir zu museal oder aus anderen Gründen nicht gut nutzbar (z.B. die riesigen Bowies und Dolche) und manche sind schlichtweg Abwandlungen ein und derselben Idee (wie zum Beispiel die vielen Skinner, also Häutemesser), bei denen man meiner Meinung nach einfach das Modell aussuchen muss, das einem am besten in der Hand liegt.
Das beim autorisierten Händler Nordic Knives bestellte Messer kam nach einer Lieferzeit von rund fünf Monaten (an Stelle der inzwischen üblichen sechs Jahre bei Bestellung bei Randall Made Knives selbst).
Das Messer weist eine Klingenlänge von 13,97 cm und eine Klingendicke von 63,5 mm auf. Der vordere Teil des Klingenrückens ist geschärft. Der Griff ist aus schwarzem Micarta und mit Epoxy um den full tang geklebt. Das Gewicht des Messers beträgt stolze 283 Gramm. Die wie üblich ausgezeichnete Scheide aus Leder weist keinerlei moderne Befestigungsmöglichkeiten auf (was angesichts des Alters des klassischen Designs verständlich ist), lässt sich aber mit einem mitgelieferten Stück Paracord am Bein befestigen.
Airman vs. Woodsman (unten) |
Auf der Internetseite von Randall Made Knives wird das Messer wie folgt beschrieben: "This knife was designed to meet the demand for an almost indestructible all-purpose knife. Designed especially for aircrew survival and combat purposes in cooperation with U.S. Marine Corps Equipment Board."
Das ist jedoch nur die halbe Geschichte. In dem (vergriffenen) Standardwerk "Randall Made Knives: The History of the Man and the Blades" von Robert L. Gaddis heißt es: "Two U.S. Marine Corps officers attached to the Marine Corps Equipment Board at Quantico, Virginia, read and reread the True Magazine article [über Bo randall] with a real professional interest. To Lt. Col. H. Ross Jordan and Maj. Harold N. ‘Tex’ Mehaffey, both pilots with long combat records, the information about Bo Randall and his ability to design and produce top-quality knives was the answer to their quest for a first-class survival knife. Experience in World War II and the Korean War had convinced them that pilot and other air crewmen of all services needed a really first-rate survival knife tailored to the unique requirements of fliers. Talking it over, they decided that this guy in Orlando was the one who could supply answers to their questions and that they had best get in touch with him right away."
Die Anforderungen an solch ein Messer, das dazu in der Lage sein sollte, sich sowohl aus einem Luftfahrzeug damaliger Bauart freizuschneiden und zu -hebeln, sowie anschließend als Überlebens- und notfalls auch Verteidigungsmesser zu dienen waren also wie folgt: Robustheit, Nutzbarkeit auch unter Stress und mit (Piloten)Handschuhen, ausreichende Handlichkeit für einen Piloten unter eingeschränkten Platzverhältnissen: "The strength requirement had been stressed in their previous letter, but the marines reiterated the point. Their knife should be strong enough to pry open a stuck canopy so that the pilot could exit rapidly from the aircraft after a sudden and unscheduled landing. If that didn't work, it then had to be capable of smashing Plexiglass or chopping and cutting through the aluminum aircraft skin. After the pilot was out, this prybar had to become his all-around survival knife. And it could be no more than 10 inches in overall length! On top of all that, the design must be able to be produced in large quantities and made standard issue."
Abgesehen von der Breite der full tank-Klinge wurde auch der Handschutz (guard) verlängert, um die Hand bei schwerer Arbeit vor dem Abgleiten auf die Klinge zu schützen: "Because an airman would probably be wearing thick gloves while prying, smashing, or cutting with this knife, it needed a hilt and handle adapted for such use. The double-guard hilt was made larger than the Model Number 1 Fighter's, so that a gloved hand wouldn't have any chance of slipping up onto the sharp edge. … They addressed the handle shape, attachment, and method of fabrication from a number of perspectives. Foremost in their thoughts was the vision of a very excited airman using this survival tool with gloved hands. He must be given the firmest possible grip. It was also apparent that the big, strong tang would make the handle walls considerably thinner than those of the regular Randall line. Bo suggested using finger grips shaped into the handle, similar to those ground into some of his stag handles as an extra feature. The final touch to their brainstorming and sketching session concerned the butt end. They let the tang protrude through the handle sleeve, rounded it off, and presto--a fine Plexiglass smasher right there on the handle's end. A hole in this tang extension allowed for a wrist thong, if the user desired."
Ich habe bei meinem Messer als einzige Abwandlung dieses Designs einen Handschutz nur an der Unterseite bestellt. Natürlich ist er unnötig lang für meinen Verwendungszweck, aber er stört auch nicht. Für feinere Arbeiten kann ich jetzt oben auf den Klingenrücken greifen, die noch dazu ein sehr aggressives jimping aufweist. Zudem bestellte ich mein Messer in der (teureren) Edelstahl-Version und nicht in Randalls 01 carbon steel.
Bemerkenswert außer der Robustheit sind noch die finger grooves. Ich hatte ehrlich gesagt Bedenken, wie mir das Messer (mit mittelgroßen Händen und ohne Handschuhe) in der Hand liegt und beispielsweise die finger grooves der Glock Gen. 4 passen überhaupt nicht zu meinen Händen. Aber Bo Randall war eben schon in den 40er Jahren ein Ergonomieexperte, als der Rest der Messerwelt noch weit überwiegend einfach irgendeinen Griff designte, und das Messer passt mit und ohne Handschuhe perfekt in meine Hände.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das "Airman" ein robustes und nach wie vor aktuelles Überlebensmesser ist, das aufgrund seines Gewichts jedoch nicht die erste Wahl darstellt, wenn man ausschließlich zu Fuß und insbesondere in schwerem Gelände unterwegs ist. Dafür ist es schlicht zu schwer. Aus diesem Grund ist es jagdlich auch nicht sehr gut einsetzbar - abgesehen von den absolut gröbst möglichen Arbeiten. Zum Mitführen in einem Fahrzeug ist es jedoch nach wie vor die erste Wahl und müsste insbesondere bei dienstlichem Einsatz vermutlich sinnvollerweise eine Kydexscheide bekommen, um an der Einsatzweste oder dem Battle Belt befestigt werden zu können. Das Design und die handwerkliche Qualität machen es darüber hinaus schlicht zu einem einmalig schönen Messer, das benutzt werden will und an dem man dabei schlicht seine Freude haben kann.
Verweise
Hier ein Überblicksartikel zu Randall made knives
Hier ein Review von # 28 Woodsman
Hier ein Review von # 7 Fisherman Hunter
Hier ein Review von # 3 Hunter