Jagdreisen nach Schottland

Ich bin gerade, Ende August, von einer phantastischen Rotwildjagd in den schottischen Highlands zurückgekommen. Ich war jetzt zum fünften Mal dort. Und trotzdem sitze ich schon am ersten Tag zu Hause wieder am Computer und sehe nach ... Jagdreisen nach Schottland. Denn obwohl ich in vielen tollen Ländern gejagt habe, so beispielsweise in Grönland, Südfrankreich, Nordschweden oder Kärnten, geht es mir höchstens noch mit dem südlichen Afrika ähnlich. Das hat eine Reihe von Gründen.
Zum einen sind die Highlands eine atemberaubende Landschaft. Wenn Sie dort oben in diesen Hügeln pirschen und in die Weite sehen, Heidekraut, Moore, Lochs, bis zum Horizont, können Sie alles vergessen, was sie zu Hause beschäftigt. Sie werden viel marschieren, sich nah am Wild gebückt annähern und schließlich kriechen und gleiten. Ihre Ausdauer, ihre Fähigkeit, sich lautlos zu bewegen und ihre Tarnung wird dabei sehr wichtig sein. Wenn Sie nah am Wild sind, werden sie sich mit ihrem Rucksack eine stabile Schiessposition bauen und einen sicheren, ruhigen Schuss anbringen. In der Regel werden Sie keine extremen Weitschüsse wagen, sondern zwischen 100 und 200 Meter schiessen, denn unter waidgerechter Jagd verstehen die Schotten gerade, so nah zu kommen, dass der Treffer sicher ist.


Irland ist landschaftlich an manchen Stellen ähnlich, aber in Irland fehlt etwas ganz entscheidendes: der schottische Stalker. Diese Art Jagdführer gehört zu den professionellsten und besten weltweit. Der in den letzten fast 200 Jahren entstandene Ethos, der ihnen vorgibt, den Kunden koste es, was es wolle, nah an ein schiessbares Stück Wild zu bringen, die extreme körperliche Fitness, der große Anspruch an das Leistungsvermögen und die jagdliche Einstellung des Jagdgastes, der wortkarge Stolz und die unglaubliche Kenntnis von Gelände und Wild sind meiner Meinung nach einmalig.


Auch die Waffeneinfuhr ist sehr viel leichter als in Irland, denn man selbst (bzw. der Jagdreiseveranstalter oder Outfitter) muss einige Wochen vor Reiseantritt ein Firearms Certificate bei der Polizei beantragen und neben dem Europäischen Feuerwaffenpaß mitführen. Aber in Irland muß der Paß im Vorfeld eingereicht werden und bleibt dann oft für Monate verschwunden, was andere Jagdreisen in dieser Zeit schlicht verunmöglicht. In Edinburgh wird man auch, anders als vor allem in London Heathrow oder auch Stansted, nicht komisch angesehen, wenn man mit Jagdwaffe einreist. Man holt die Waffe an einem Ausgabeschalter ab, zeigt dort die Dokumente vor, fertig.




Dann ist da natürlich noch das Wild. Ganz abgesehen von den Niederwildjagden, die etwas ganz Besonderes sind und deren Beschreibung ein eigenes Buch füllen würde: Sie können seit ein paar Jahren an vielen Stellen gut Rehwild jagen, mancherorts Sika und Wildziege und vor allem in den Highlands selbst Rotwild. Schottisches Rotwild, das zu Tausenden auf den einzelnen Estates zu finden ist, ist seit dem Aufkommen der Jagdreisen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, fast legendär. Geborgen wurde es früher mit dem Pony, das von einem eigenen Ponyman geführt wurde, der so lange auf den Jagdführer (den "Stalker") und den Jagdgast wartete, wie es nötig war, bis die zum Schuss kamen. Heute werden zur Wildbergung in schwerem Gelände häufig achträdrige Argocats und Geländefahrzeuge eingesetzt. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie nicht auch bei der Wildbergung mithelfen werden und zu zweit oder dritt ein Tier versorgen müssen, dass aufgebrochen zwischen 80 und 120 kg wiegt.


Zum schottischen Rotwild gehören die phantastischen Trophäenträger genau so wie die preisgünstigen Kahlwildjagden im Herbst und Winter. Generell ist die Rotwildjagd in Schottland günstiger als in Osteuropa. Ein guter Achter oder Zehner ist die Regel, ein Zwölfer etwas Besonderes und ein Vierzehner so gut wie unmöglich. Aber für mich sind diese Trophäen, die ich mir unter mitunter großer körperlicher Anstrengung erarbeitet habe, viel wertvoller, als das Geweih irgendeines armen, angefütterten Tieres, dass ich ganz bequem vom Hochstand aus erlegt habe. Inzwischen ist natürlich auch der Wertverfall des Pfund ein weiterer Faktor, der Schottland billiger macht. Während ich bei meiner ersten Jagd in den Highlands noch über 1,30 Euro für ein Pfund bezahlen musste, waren es letzte Woche nur noch 1,08 Euro.




Es gibt ein paar Dinge, die Sie bei der Jagd in Schottland unbedingt brauchen, ohne die es meiner Meinung nach nicht geht:
Erstens eine vertraute, gute und robuste Waffe mit ebensolchem Zielfernrohr, die es ihnen erlauben, absolut sichere Schüsse bis um die 200 Meter abzugeben. Auch, wenn ich immer mit meiner .300 Win Mag geschossen habe, eigentlich halten die Schotten die .270 Winchester für das einzig wirklich akzeptable und alles oberhalb des Diameters .300 für absolut Fehl am Platze.
Und zweitens ein paar wirklich gut eingelaufene und wasserdichte Bergstiefel, am besten mit wasserdichten und robusten Gamaschen. Die Highlands sind von unzähligen kleinen Wasserläufen, von torfigen und schlammigen Stellen und Bächen durchzogen, in die sie versehentlich treten werden oder durch die sie waten müssen. Unter "eingelaufen" verstehe ich übrigens nicht "einige Mal angehabt" haben, sondern mindestens auf 60 bis 70 km Marsch getragen haben.


Hinzu kommen noch regendichte, atmungaktive Kleidung usw., aber das können Sie an anderer Stelle nachlesen; genau so wie die Beschreibung, wie die Jagdtage im Einzelnen ablaufen können.
Wichtig ist zu wissen, dass das Wetter sich in den Highlands sehr schnell ändern kann und der häufige Wechsel von kleinen Schauern und Sonnenschein nichts Besonderes ist. Natürlich spielen auch Nebel und längere Regenschauer eine Rolle und können die Jagd ganz verunmöglichen ...


Generell ist die Jagdzeit auf männliches Rot- (und Sikawild) vom 1.7. bis 20.10.
Weibliches Rotwild wird dann ab 21.10. bis 15.2. bejagt.
Auf männliches Rehwild geht man vom 1.4. bis 20.10. und auf weibliches Rehwild vom 21.20. bis 31.3.


Man sollte die Preise vergleichen, die bei rund 1.200 Pfund (3 Tage Rotkahlwildjagd inklusive Bed & Breakfast und der Abschüsse) beginnen. Für einen Hirschen und 3 Jagdtage beginnen die Preise bei rund 1.400 Pfund. Allerdings gilt die Jagd als beendet, wenn entweder die gebuchte Zeit abgelaufen oder das vereinbarte Wild erlegt ist.


Für die Trophäenpräparation zahlt man dem Stalker rund 35 Pfund Trinkgeld pro Geweih plus rund 70 für den Versand. Trinkgeld bekommen er und der Ponyman/Fahrer zusammen beginnend um die 60 Pfund pro Tag.


Man wird zudem auf jeden Fall einen Leihwagen brauchen, denn man muss zum Estate selbst anreisen.


Man kann in Schottland auch noch eine Reihe anderer Dinge tun: phantastisch fischen, Destillerien besichtigen und Whisky probieren (auch wenn er in Deutschland insbesondere online preiswerter ist), erstaunlich gut erhaltene Festungen aus der kriegerischen Vergangenheit der Schotten und Museen der traditionsreichen schottischen Regimenter besichtigen, reiten und wandern, Vögel im Marschland beobachten, die die meiste Zeit des Jahres menschenleere Küste und die Inseln besuchen und sich ein paar Tage in Edinburgh aufhalten, eine Stadt, die so viel übersichtlicher, schöner und sicherer als beispielsweise London ist. Aber ich selbst habe dazu nie Zeit, denn ich muss in die Highlands ...


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