Als ich jetzt mit einem Freund, einem exzellenten und äußerst erfahrenen Bergsteiger, in Tirol unterwegs war und selbst meinen dicken (32 mm Durchmesser), dreiteiligen Bergstock mitführte, hatte er bei einer Körpergröße von fast 2 m einen dünnen Wanderstock von 1,60 m (25 mm Durchmesser) bei sich.
Unter einem Bergstock ("Alpenstange") versteht man in der Regel einen Stock aus Haselnuss, Esche, Schwarzdorn oder anderen geeigneten Hölzern, der größer ist, als sein Nutzer und in der Regel mit einer Eisenspitze versehen ist. Die Spitze kann mit einer Gummikappe geschützt werden, wenn der Stock gelagert wird oder der Boden es sinnvoll erscheinen läßt (z.B. Gehen auf befestigten Wegen) bzw. geräuscharm gegangen werden soll.
Was spricht überhaupt für einen Stock?
1) Zunächst kann man sich mit einem Stock hangaufwärts abstützen und damit in den Hang legen, um sicherer und schneller am Hang quer oder in Serpentinen hinunter zu gehen. Das ist für mich der entscheidende Vorteil des Bergstocks.
2) Dann kann man sich im Schnee, wenn man schrittweise den Berg hinaufsteigt, etwas sichern, wenn man den Stock hangaufwärts einrammt. Natürlich ersetzt der Stock aber keinen Eispickel was Stabilität und Funktionalität angeht.
3) Der Stock kann dabei helfen, besser die Balance zu halten, wenn man sich punktuell darauf abstützt (z.B. auf einem vereisten Wegstück).
4) Man kann mit Hilfe des Stocks ein Spektiv, Fernglas oder auch eine Waffe stabilisieren.
5) Und schließlich kann der Stock dabei helfen, den Untergrund zu prüfen (etwa, ob und wie tief sich Fels unter einer Schneedecke befindet oder auch wie tief ein zu querendes Gewässer ist).
Die ersten beiden Verwendungsarten sprechen eher für einen langen und stabilen, also dickeren Stock. Für die letzten drei Zwecke eignet sich jeder Stock, denn man belastet ihn nicht in gleicher Weise.
Was spricht gegen einen Stock?
1) Ein Stock muss im Gebirge, wo man bestrebt ist, so mit so wenig Gewicht wie möglich unterwegs zu sein, zusätzlich mitgeführt werden.
2) Er ist gelegentlich im Weg, etwa, wenn man auf allen Vieren klettert oder reitet. Allerdings kann man ihn am Rucksack befestigen, wenn man ihn z.B. mit Ranger Bands (speziellen robusten Gummibändern zur Befestigung von Ausrüstung am Koppel etc.) befestigt. In diesem Fall ist es besser, man hat einen leichten, teilbaren Stock.
3) Wenn man einen Pickel mitführt, ist ein Stock schwerlich zusätzlich mitzuführen.
4) Man hat die Hände nicht frei, z.B. um unterwegs etwas aus der Tasche zu holen, einzustellen oder zu kontrollieren (Waffe, Entfernungsmesser, Fernglas etc.).
Im Ergebnis habe ich für mich folgenden Umgang mit dem Bergstock festgelegt:
Wenn ich eine harte Bergtour unternehme - also erwarte klettern zu müssen, mehrere Tage am Stück oder mit dem Pferd unterwegs bin oder das Gelände sehr schwer ist - nehme ich einen teilbaren, kürzeren Stock mit. In diesen Fällen will ich auf den Stock nicht verzichten, kann aber weder einen sehr langen, noch sehr schweren Stock mitführen. Dafür nehme ich in Kauf, dass er nicht voll belastbar ist.
Wenn ich eine "normale" Tour unternehme, also z.B. in Irland, Schottland oder Spanien auf einer Tagestour unterwegs bin, nehme ich den langen und dicken Stock mit. In diesen Fällen habe ich erstens nach der Tour genug Erholungspausen, um mich von dem Zusatzgewicht zu erholen und kann mich zweitens dafür entscheiden, den Stock am Folgetag in der Unterkunft oder im Wagen zu lassen.
Weil ich einen Stock mitführe, muss ich auch mit einem Stock trainieren. Deshalb marschiere ich ab und zu mit dem Bergstock, auch, wenn meine Strecke als solche dies gar nicht erforderte. Das Mitführen des Stocks muss so in Fleisch und Blut übergehen, wie das Mitführen des Rucksacks oder der Waffe.
Nachtrag im Dezember 2019
Während einiger Tage Bergjagd in Kroatien (Gams und Muffel), habe ich von meinem dreiteiligen Stock den ersten und den dritten Teil zusammengeschraubt. Wir gingen viel über Geröllfelder am Hang und auf grobem Gestein auf einigermaßen geraden Wegen (auf einem Hochplateau). Für die Balance war ein Stock absolut unverzichtbar, aber er musste nicht 1,90 m lang sein. Hauptsächlich setzte ich das Ende mit dem Gummischutz darüber ein, da die Spitze sehr klirrte und der Boden ohnehin nicht so weich war, dass sie eindringen konnte. Auch diese Lösung von rund 1,15 funktionierte gut.