Ich kenne keine besseren Jagdführer in Europa als die schottischen und die spanischen und beides sind Jagdländer, die ich allen anderen europäischen Ländern vorziehe. Die schottischen Stalker mit ihrer reichen Historie, ihrem hochprofessionellen Selbstverständnis und ihrer eisenharten, dem Land und dem Klima angepassten Fitness, tun alles, um ihren Jagdgast an das Wild zu bringen. Aber es kommt mir so vor, als sei der Jagdgast trotzdem eher ein Beiwerk. Die Stalker arbeiten für das jeweilige Landgut, das Estate, und zwar in der Regel sehr lange. Sie kümmern sich u.a. auch um Kahlwildabschüsse im Herbst und Fütterung im Winter. Und sie kommen mir in Folge dessen sehr stark mit diesem Land und dem Wild darauf verbunden vor.Sie lassen den Jagdgast zur Probe schießen und fragen allenfalls noch, ob es Hinderungsgründe für die stundenlange Marschiererei gibt, aber eine große Diskussion um das Jagdwild ist unerheblich, da nicht nach Geweihgewicht oder Alter bezahlt wird.
Die spanischen Jagdführer haben in der Regel keinen Bezug zu dem jeweiligen Land, weil es entweder in staatlichem oder Privatbesitz ist und je nachdem ein Förster oder Jagdaufseher oder auch der Eigentümer mit bei der Jagd dabei ist. Die meisten Jagdveranstalter bieten Jagden auf viele in Spanien vorkommende Wildarten an, also die vier Unterarten des Steinbocks, das Mähnenschaf und vielleicht noch Gams- und Muffelwild (seltener Reh- und Rotwild). Dieses Wild ist über das ganze Land verteilt und deshalb besteht zwischen dem einen begleitenden professionellen Jagdführer und dem Jagdgebiet meist allenfalls eine Bekanntschaft.
Der Förster oder Jagdaufseher entscheidet, welches Stück frei ist und der Jagdführer ist dafür zuständig, dem Jäger auf Grundlage dieser Freigabe zu beraten und fast schon zu coachen. Dafür hat er sich zuvor u.a. auch der Schießfertigkeit versichert (wie weit können wir schießen) und abgefragt, was erlegt werden soll ("repräsentative" Trophäe oder Medaillenklasse und damit auch erheblich unterschiedlich im Preis). Es kommt mir so vor, als begleitete der spanische Jagdführer einen Gast ganz ähnlich einem afrikanischen Professional Hunter. Es geht in Spanien ein Stück weit auch um das Wohlbefinden des Gastes, eine Brotzeit, ein Mittagessen oder ein Getränk - Dinge, die in Schottland so gut wie nicht interessieren.
Man könnte sich natürlich mit einem schottischen Stalker auf Englisch sehr viel besser verständigen, als mit den meisten spanischen Jagdführern und erst recht den übrigen Jagdteilnehmern, bei denen man allenfalls gebrochenes Englisch oder in seltenen Glücksfällen eben Französisch erwarten darf. Allerdings kenne ich keinen Stalker, der Gefallen an langen Unterhaltungen hat.
Südspanien Ende Februar |
Was die persönlichen Herausforderungen angeht, so sind wir bei meinen bislang sechs Jagdreisen nach Schottland meist relativ nah an das Wild gekommen. Gerade darin lag das Ziel unseres Kriechens, Gleitens, und Ausnutzens jeder Geländeeigenschaft. Der Schuß selbst, war dann nicht mehr sehr schwierig und konnte gut vorbereitet werden. Es zählte mehr die körperliche Leistung bei den stundenlangen Märschen in den Highlands und die Fähigkeit sich unentdeckt vorzuarbeiten.
In Spanien habe ich zwar auch immer im Gebirge gejagt, aber hier wurde sehr viel kürzer gepirscht und marschiert. Oft gab es bereits eine gute Kenntnis vom Wild und es ging mehr darum, das passende Stück auszumachen und dann auf relativ weite Distanz und oft ohne große Vorbereitung zu schießen - und zwar inmitten eine oft diskutierenden Gruppe von Jagdaufsehern und anderen Helfern. Die Schwierigkeit war in Spanien mit guter Grundkondition mehr der Schuß, nicht der Weg dahin. Ich glaube nicht, das spanische Jagdführer viel Verständnis für schlechte Schüsse oder mangelhafte Schießfähigkeiten auf 200 oder 300 Metern haben
Weitere Unterschiede liegen natürlich im Jagdwild, den Jagdbedingungen und in dem, was man zusätzlich unternehmen kann. In Spanien gibt es außer den mehrere Tausend Euro teuren Monterias, einer Art Drückjagd mit teilweise gigantischen Strecken und riesigen Hundemeuten, wie gesagt vier Unterarten des Steinbockes (beginnend bei im Bestfall 2.500 Euro für die Jagdreise bei einem repräsentativen Tier), das einmalige Mähnenschaf (in seinem Ursprungsgebiet Nordafrika fast ausgerottet, in Spanien aber gut vertreten; ab 3.500 Euro für die Jagdreise), zwei Arten Gamswild, Muffelwild und das auf Jagdreisen sehr viel seltener bejagte und im europäischen Vergleich viel zu teure Reh-, Rot- und Damwild. Auf Mallorca gibt es mit dem Boc Balear zudem eine reizvolle einheimische Wildziegenart. Eine gezielte Einzeljagd auf das ebenfalls reichlich vorhandene und während Monterias erlegte Schwarzwild habe ich noch nicht gesehen.
Wenn ich etwas empfehlen sollte, so würde ich einen Beceite Steinbock und ein Mähnenschaf anraten, die beide unglaublich reizvolle Trophäen und schöne Jagdtage versprechen. Mit diesem Wildreichtum bietet Spanien natürlich mehr als Schottland mit seinem Rotwild und seit einigen Jahren nun auch Rehwildjagden. Sikawild gibt es an einigen Stellen zwar auch, jedoch ist dessen Bejagung außerhalb der Brunft oft Glückssache und ich würde dafür Irland vorziehen.
Die Bergjagd in Spanien erscheint mir körperlich nicht zu schwer, aber auch nicht trivial. Bröckeliges Gestein und loses Geröll sind oft nicht leicht zu gehen, auch wenn die Witterung selbst im Winter in der Regel angenehm ist. Tagelang anhaltender Wind kann in beiden Ländern eine echte Schwierigkeit sein, so wie überall im Gebirge, und eine erfolgreiche Jagd verunmöglichen.
In Spanien kann man leicht seine Familie mitnehmen - nicht unbedingt auf die Jagd, aber mit ins Jagdgebiet und vorher oder anschließend noch zu einem Kultur- oder Strandurlaub. Das geht in Schottland natürlich auch, aber das Ferienprogramm wird mit den schottischen Stärken Fischen, Destillerien besuchen, Wandern und dem Besuch von Edinburgh oder Glasgow eben ganz unterschiedlich ausfallen.
Zur Vorbereitung auf eine Jagd in Spanien würde ich das Schießen auf Distanzen bis 300 Meter und zwar über den Rucksack oder mit dem Zweibein üben und mir eine gute, aber keine extreme Grundkondition verschaffen.
Von der Ausrüstung her halte ich gut eingelaufene Bergschuhe und eine Waffe in einem passenden Kaliber für das teilweise schußharte Bergwild für das Wichtigste.
Und wenn ich mich für einen Präparator entscheiden müßte, so würde ich in aller Regel "seltenere" Tiere im Ursprungsland arbeiten lassen - welcher deutsche Präparator hat schon ein Mähnenschaf gemacht.
Zahlreiche Jagdberichte aus Europa, so auch aus Spanien und Schottland, finden Sie hier.