Der tiefere Grund des Reisens

Angesichts dieses Blogs, das sich fast ausschließlich mit der Auslandsjagd und ihrer Vorbereitung und Ausrüstung beschäftigt, wird meine tiefergehende Motivation zum Reisen verwundern. Aber ich denke, eine bessere gibt es kaum.

Aber der Reihe nach: Ich mag das Abenteuer der Auslandsjagd. Das Kennenlernen eines neuen Landes. Die Wildnis. Die Berge. All die Bilder, die man davon mit nach Hause bringt. Gerüche. Gedanken. Geräusche. Stimmungen. Aber das ist nicht der Grund, warum ich eigentlich reise. Nicht mehr.

 


Ich mag die leichte Ähnlichkeit mit einem Auslandseinsatz, die Vorbereitung, das Abstimmen der Ausrüstung, den Moment, wenn man aus dem Flugzeug steigt und ruhig und entschlossen seinem Ziel entgegengeht. Ich denke, ich werde niemals ganz davon loskommen, solche und andere Ähnlichkeiten mit meiner Militärzeit zu suchen. Aber auch das ist nicht der Grund.
Genau so wenig wie das Lernen. Das buchstäbliche Erweitern des Horizonts. Das Verstehen anderer Standpunkte.
 

 
Mir gefällt es, neue Menschen kennenzulernen. Ich war bis gestern wieder in British Columbia und habe dabei erstens einen buchstäblich legendären Outfitter kennengelernt und zweitens einen dänischen Jäger, mit dem ich fast Tag und Nacht zusammen jagte, fischte, aß, trank und auch sonst alles teilte. Wir wuchsen von "unbekannt" zu "hunting buddys" zusammen und am Ende passten wir gut auf einander auf. Wo gibt es das sonst innerhalb von 7 Tagen?

So ungerne ich es zugebe, es gibt noch zwei andere Folgen dieses Reisens. Erstens behalte ich damit mehr körperliche und Willensstärke, als wenn ich einfach nur ein bisschen vernünftig Sport betreibe. Das bilde ich mir wenigstens ein, wenn ich über mein Altern nachdenke.
Und zweitens breche ich damit schnell und weit aus meinem Alltagsleben aus. Zwar ist es weit weniger langweilig als das der meisten Menschen, aber es ist und bleibt Alltag. Wie anders sind die Nächte in der Werkstatt in den Karpaten, wo meine Wildschweine hingeschafft wurden, oder im Zelt auf einem wackeligen Feldbett mitten in Grönland und selbst ein Abend in einem Drugstore in British Columbia. Ich denke oft an all das. Nicht zuletzt, wenn ich meine Trophäen ansehe.
Aber auch das ist es eigentlich nicht.
 

 
Ich denke, inzwischen reise ich, um zurückzukommen. Wie sehr vermisse ich schon am Flughafen meine Kinder und unsere gemeinsamen Abende. Wie traurig betrachte ich in den letzten Tagen vor der Abreise meine gewohnte Marsch- und Fahrradstrecke. Unseren Wald. Die kleinen Angewohnheiten. Mein Holz, meinen Ofen und meine Garage, wo ich es hacke und aufstapele, wenn es trocken ist. Ich sehe all das mit anderen Augen. Sozusagen beim tagelangen Abschiednehmen.
Um all das so zu schätzen und zu lieben, um dorthin zurück zu kehren. Deshalb reise ich ab. Denn ohne Abreise kann ich nicht zurückkehren.