Ausrüstung: 12 Must-haves für die sportliche Jagd

Im Prinzip reichen für eine sportliche Jagd (außer unter Extrembedingungen) zwei Ausrüstungsgegenstände: gute Stiefel und eine passende Waffe. Ich gebe zu: Das ist sehr vereinfacht, denn auch dazu gehören weitere Dinge wie Munition, Optik, Strümpfe und so weiter. Aber im Prinzip reichen Stiefel und Waffe.
In diesem Blog und in meinen Büchern habe ich anhand einzelner Jagden viele weitere sinnvolle Ausrüstungsgegenstände und Kleidungsstücke aufgeführt. Auch hier ist die Kernaussage einfach: Man muss warm und so gut wie möglich trocken bleiben (komplett trocken zu bleiben, ist meist unmöglich).
Dazu findet man beispielsweise hier, hier und hier Vorschläge.


Irgendwo in Südafrika nach der Jagd. Was braucht man mehr?


Einzelne Produkte zu nennen, wie es in den vielen, meist wenig fundierten und oft werbefinanzierten Youtube-Reviews geschieht, halte ich wie hier erläutert für wenig sinnvoll. Dazu gibt es ständig zu viele neue Sachen, als dass ein Einzelner darüber einen qualifizierten Überblick auf Grundlage eigener Erfahrungen behalten und diesen auch ständig aktualisieren könnte.

Zu den Basics für die sportliche Jagd kommen aber noch einige, oft wenig beachtete Gegenstände, die ich hier behandeln will. Sie mögen nicht darüber entscheiden, ob die Jagd erfolgreich ist oder nicht. Aber sie erleichtern meiner Erfahrung nach eine Jagdreise ganz enorm.


1. Gamaschen
Gamaschen sieht man relativ selten bei Jägern, obwohl sie einige unbestreitbare Vorteile haben: Sie schützen Stiefel, Socken und Hosenbeine vor eindringender Nässe bei Regen, Schnee und dem Durchwaten von Gewässern.
Mit gut vorbereiteten Stiefeln und meinen alten Le Chameau-Gasmaschen bin ich in Schottland und Schweden tagelang problemlos durch Bäche und moorige Stellen marschiert, ohne dass Nässe in den Schuh eindringen konnte.
Weiterhin schützen sie auch vor Dornen und dem Eindringen von Schmutz und Geäst.
Der Nachteil ist, dass die Gamaschen beim Gehen durch Aneinanderreiben Geräusche verursachen können.


Gespanntes Warten im schottischen Heidekraut


2. Netzunterwäsche
Netzunterwäsche leistet einen wertvollen Beitrag zum Abtransport von Feuchtigkeit auf der Hautoberfläche und damit einem angenehmeren Hautgefühl und der Verminderung von Verdunstungskälte.
Keines der verschiedenen modernen Funktionshemden, die ich ausprobiert habe, hat mich ähnlich trocken gehalten wie die feine Netzunterwäsche von Odlo oder die gröbere von Brynje. Diese modernen Funktionshemden kleben im Vergleich dazu wie nasse Fensterleder am Körper und ziehen die Wärme dadurch spürbar heraus. Was nützt es da, dass sie grundsätzlich schnell trocknen. Bei einem harten Bergmarsch haben Sie wegen ständig nachkommender Feuchtigkeit gar keine Gelegenheit dazu.
Man kann sich übrigens im Notfall, wenn man genug Zeit hat, mit Schnur, Fallschirmleine etc. auch ein Netzhemd improvisieren, wenn man nur Woll- oder schlimmer Baumwollbekleidung hat und bei Kälte ins Schwitzen geraten wird. Ich habe diesen Tipp aus einer Schrift der Wehrmacht für den Winterkrieg.


3. Drybags
Wenn Sachen (z.B. Wechselwäsche) im Rucksack trocken bleiben sollen, kann man entweder eine wasserdichte Rucksackhülle mitnehmen oder einen wasserdichten Rucksack oder ein Drybag (einen dünnen, wasserdichten und sehr leichten Beutel).
Rucksackhüllen gibt es nicht für jedes Modell, sie sind meist in unpassend auffälligen Farben und knistern (Geräuschdisziplin!).
Und wasserdichte Rucksäcke gibt es nicht viele, schon gar nicht ergonomisch gute und farblich für die Jagd geeignete. Die guten (z.B. Eberlestock oder Arceryx LEAF) sind darüber hinaus sehr teuer.
Drybags hingegen kosten nicht viel, ihre Farbe ist egal, weil sie im Rucksack bleiben (ich nutze als Alarmierungshilfe für Notfälle einen orangen und habe zusätzlich einen erdfarbenen Drybag dabei) und anders als bei andere Lösungen für trockene Ausrüstung kann man darin auch nasse oder blutige Kleidung und zur Not auch Wasser oder gar eine blutige Decke transportieren (empfehlenswerter Weise dann mit der Außenseite innen).


4. Kapuzen
Eine Mütze ist sehr nützlich, aber sie genügt oft nicht. Erstens hat man sie nicht immer dabei, während man eine Kapuze gar nicht vergessen oder verlieren kann.
Zweitens sind bei großer Kälte Mütze und Kapuze und die Luftschicht dazwischen besser, als nur die Mütze. Drittens sind mehrere Kapuzen noch besser, als nur eine - etwa eine wasserdichte von einer Regenjacke und darunter eine aus Fleece zum Wärmeerhalt. Viertens schützt eine Kapuze auch einen Teil des Halses - bei engem Schnitt schaut nur das Gesicht heraus - und erhält damit noch mehr Wärme. Ich kaufe deshalb bei Jagdkleidung für jede Bekleidungsschicht mit Ausnahme der Unterwäsche Kapuzenshirts (in der Regel bleibe ich bei der Marke Kuiu).


5. Säge und Astschere
Beim Aufbrechen von schwerem Wild, vor allem aber in Notfällen ist eine Säge unverzichtbar. Wenn ich nicht extra eine Silky-Säge mitnehme (wie hier beschrieben), habe ich wenigstens am Schweizer Taschenmesser eine kleine, aber gute Säge dabei (hier nachzusehen). Nicht nur in Notfällen, sondern auch zum Rasten auf Gesellschaftsjagden in Skandinavien oder auf der Pirsch in Rußland oder in der Türkei ist ein Feuer wichtig. Dabei hat mir meine Taschenmesser-Säge immer gute Dienste geleistet. Darüber hinaus habe ich sie auch zum Bau provisorischer Ansitzeinrichtungen benutzt. Schlimmstenfalls würde ich mir damit einen Unterstand oder auch Fallen bauen können. Dies alles geht auch mit einem feststehenden Messer allein, es dauert aber oft länger, ist aufwändiger, bringt einen mehr ins Schwitzen und läßt einen mehr Kalorien verbrauchen, als die schnelle und präzise Arbeit mit der Säge.


Feuer am Rande einer Auerhahnjagd in Schweden


Mit der Astschere hat es eine andere Bewandtnis: Diese nutze ich je nach Gelände zum Freischneiden von Schußfeld und zwar nicht nur in Deutschland beim Ansitz, sondern auch in Schottland oder Schweden in dicht bewaldeten Arealen. Wenn man dort alleine jagt und sich beim Kennenlernen eines Geländes Pirschwege mit vielversprechenden Beobachtungsstellen einrichtet, ist die geräuschlose Astschere ideal. Das ist auch der Grund, warum sie bei vielen Scharfschützen zur Standartausrüstung gehört.




6. Drahtkleiderbügel
Vermutlich wird ein Drahtkleiderbügel als Vorschlag die meisten überraschen, aber wer hat noch nie seine nasse Jagdkleidung in seiner Unterkunft überall so drapiert, dass sie möglichst gut trocknet?
In einer kanadischen Cabin, einer schwedischen Jagdhütte oder einer schottischen Bed and Breakfast-Unterkunft sind allerdings Stühle, Kleiderbügel und Plätze an der Heizung oft Mangelware - vor allem, wenn man nicht allein ist. Zwei oder drei Drahtkleiderbügel, die fast nichts wiegen und im Koffer so gut wie keinen Platz wegnehmen, können enorm beim Trocknen helfen.


7. Wasserflasche aus Edelstahl
Eine Wasserflasche ist bei mir immer dabei, meistens sogar zwei. Je nach Reiseziel und Jahreszeit handelt es sich um eine einwandige aus Metall (Klean Kanteen) und entweder eine Kunststoffflasche (Nalgene) oder ein Wasserfilter mit integrierter Faltflasche (Katadyn Befree).
Die Metallflasche nutze ich zum Trinken, um notfalls darin Wasser zu erhitzen (deshalb einwandig, denn sonst platzt sie, Ruß bekomme ich nach Nutzung dann mit Reinigungspads aus Drahtwolle weg) und bei großer Kälte als Wärmflasche in Ansitz- oder Schlafsack.
Der Inhalt von zwei Flaschen ist nicht zu viel Trinkwasser und gerade der Wasserfilter, der von leicht beleidigten Gastgebern gar nicht wahrgenommen wird, ist oft unbezahlbar.


8. Jagdgürtel/Battle Belt
Es ist mir zu oft passiert, dass ich den Rucksack "nur einen Moment" abgenommen habe und ihn dann dringend brauchte, weil ich auf Nachsuche oder beim Bergen und Verfolgen von Wild länger weg war, als erwartet. Deshalb habe ich mir einen Battle Belt zum Jagdgürtel umgestaltet. Darin habe ich immer bei mir: Entfernungsmesser und Munition, Erste Hilfe- und Überlebensausrüstung (Feuermachsachen, Taschenmesser, Lampen).


Essentials: Jagdgürtel, Bergstock, Waffe in Kroatien



9. Handtuch 
Auch das Handtuch mag verwundern und ich habe auch gar kein besonderes, sondern nur ein altes, grünes Bundeswehrhandtuch aus Frottee. Ich habe zwar auf einer Bergtour auch einmal ein Hightechhandtuch getestet. Aber dieses hing mir wie ein nasses Fensterleder am Hals und kam danach schnell weg.
Ich lege mir das Frotteehandtuch also bei extremer Anstrengung um den Hals, damit es den Schweiß aufsaugt. Im Sommer kühlt es, im Winter leider auch, aber das ist besser, als den Schweiß in den Kleidern oder im Gesicht zu haben. Aber mehr noch: Ich wische mir daran auch die Hände ab, kann damit einen Verband improvisieren, einen Nackenschutz machen, habe ein Sitz- und kleines Kopfkissen und Vieles mehr.


Handtuch unter der Kappe als Nackenschutz bei 35 Grad



10. Entfernungsmesser
Ich trainiere ab und zu Entfernungsschätzen, indem ich an einer mir gut bekannten Stellen wo ich wöchentlich auf jedem Übungsmarsch vorbeikomme, 50, 100, 150, 200 und 300 Meter abmesse und markiere und mir diese Entfernungen einpräge. Aber natürlich ist in unbekanntem und besonders bergigen Gelände schwierig, diese Entfernungen nachzuvollziehen. Ein Entfernungsmesser ist deshalb heute immer dabei und selbst bei einer Drückjagd messe ich vorab damit die Hauptgeländepunkte aus. Es ist erschreckend, wie oft man wenigstens leicht daneben liegt.


11. Ultraleichte Daunenjacke
Ich war in der Türkei nach einer harten Pirsch im Schnee völlig durchnässt und mir stand eine längere Pause bevor. Ich fror, sobald ich aufhörte, mich zu bewegen und hatte zum Glück eine Kälteschutzjacke von Carinthia im Rucksack. Nur diese Jacke alleine auf dem nackten Oberkörper reichte, um mich warm zu halten. So warm diese Jacke hielt, so voluminös war sie. Deshalb kaufte ich danach die leichte Daunenjacke von Kuiu, die sehr klein komprimierbar ist und genau so warm hält. Zwar taten mir die über 300 Euro weh, aber Wärmeleistung und Packmaß sind unschlagbar.


12. Ultraleichte Stirnlampe
Am Ende stand ich in Slowenien bei einem harten Abstieg im Dunkeln. Es war August und das Wetter war unerwartet schlecht. Ich sah so gut wie kaum Wild und deshalb reizten wir jeden Tag bis zum Schluss aus. Aber ein Abstieg im Dunkeln mit einer Lampe in der Hand ist mit Bergstock schwierig. Natürlich hatte ich nicht nur diese, sondern noch meine Notstirnlampe von Petzl dabei. Sie hilft auch beim Aufbrechen im Dunkeln oder beim Lagerbau und wiegt fast nichts.