Jagdgewehre: Mauser M03 und Remington 700

Ich habe in den letzten 15 Jahren nur mit zwei Waffenmodellen wirklich umfangreiche Erfahrungen gesammelt: Mit der Mauser M03 und der Remington 700. Über diese beiden exzellenten Waffen und ihre Vor- und Nachteile will ich hier berichten.

Mauser M03
Die Mauser M03 ist im Jahr 2003 auf den Markt gekommen und wird seitdem hergestellt und verkauft, obwohl es inzwischen auch andere Produktlinien des Herstellers gibt, die preislich und von der Qualität her sowohl ober- (M98), als auch unterhalb (M12, M18) der M03 positioniert sind. Es liegen also inzwischen über 15 Jahre Erfahrungen mit dem Waffemodell vor.

Die M03 ist ein Repetierer mit Handspannsystem und Laufwechselmöglichkeit.
  • Das Handspannsystem: Mir gefiel damals die Überlegung, dass man die Waffe nicht einfach sichert, sondern zwar geladen hat, aber erst unmittelbar vor dem Schuß spannt, wenn man auf dem Ziel ist. Allerdings hat sich, als ich mehr Erfahrung hatte und mir ein schottischer Stalker gezeigt hat, wie man die Waffe erst unmittelbar vor dem in Anschlag gehen lautlos von oben mit der Hand lädt, dieser Vorteil als unwichtig erwiesen. Eine teilgeladene Waffe (geladenes Magazin in der Waffe, aber keine Patrone im Patronenlager) ist eben sicherer, als eine, die zwar fertig geladen (Patrone liegt schon im Patronenlager), aber entspannt ist.
  • Die Laufwechselmöglichkeit: Ebenso hat mich die Möglichkeit begeistert, das Kaliber zu wechseln. Man braucht dafür einen anderen Lauf und je nach Kaliber ggf. auch einen anderen Verriegelungskopf und ein anderes Magazin. Einerseits halte ich immer noch viel von dieser Flexibilität und habe inzwischen alle möglichen Läufe für die M03 gekauft (.308, .300 Win Mag, 8x57, .375 H&H, .404 Jefferey) und diese alle auch auf die vielen unterschiedlichen Wildarten vom Hippo bis zum Duiker geführt. Andererseits ist es trotz allem so einfach nicht, denn man braucht eben nicht nur mindestens den teuren Wechsellauf, sondern muß die Waffe eben auch komplett neu einschießen (und auf alle erforderlichen Distanzen die Werte ermitteln) und kommt natürlich auch mit einem Glas nicht hin, sondern benötigt wenigstens eins für die Nahdistanz (Drückjagd oder Pirsch auf gefährliches Großwild) und eines für weite Schüsse und/oder Schüsse in der Dämmerung. Vermutlich könnte man für etwas mehr Geld und mit weniger Aufwand auch einfach eine Zweitwaffe kaufen. Allerdings hätte die dann vielleicht nicht solche Annehmlichkeiten wie den rückstoßmindernden Kick-Stop (einen mit einem Wolframgranulat gefüllten Edelstahlzylinder im Schaft).

Ich besitze jedenfalls zwei dieser Waffen in der Version mit Kunststoffschaft (Modell "Extreme") mit perfekten Flintenabzügen. Die eine Waffe kaufte ich im Kaliber .300 Win Mag (hier beschrieben), das ich zu 90 Prozent im In- und Ausland eingesetzt habe (Match-Lauf mit 19 mm statt 17 mm Durchmesser). Ich verwendete auf dieser Waffe erst ein Zeissglas Diavari 3-12x56 (mit einem komplizierten ballistischen Absehen, das ich nie richtig verstanden habe) und dann das neuere Zeiss Victory V8 2,8x20-56 mit Absehenschnellverstellung.

Die andere Waffe nutzte ich im Wesentlichen in Afrika mit dem Kaliber .404 Jefferey und in Deutschland auf der Drückjagd im Kaliber 8x57. Ich habe damit im Januar 2020 aber auch einen Puma aus nächster Nähe erlegt. Das Glas dafür ist ein Swarovski Z6i 1-6x24.

Ich habe mir dieses System der Zwillingswaffen ausgedacht,weil ich das Waffenmodell gerade bei weiten Schüssen und in schwierigen Situationen nicht wechseln wollte. Und tatsächlich ist mir der Abzug der M03 nach all den Jahren so vertraut wie ein Teil meines Körpers. Das Schießen mit dieser Waffe geschieht wie das Autofahren, wo man auch nicht mehr überlegt, was man tut, sondern dies automatisiert hat.


Die M03 auf der Drückjagd im Hunsrück


Vor- und Nachteile der M03
Die M03 hat sich in all den Jahren als sehr präzise mit den meisten Munitionsarten erwiesen. Eine Ausnahme bildete das Kaliber .300 Win Mag mit der Federal-Patrone mit Nosler Partition-Geschoss. In diesem Kaliber hatten nahezu alle verwendeten Patronen übrigens eine Präzisionsschwäche auf 200 Metern, während ich in der gleichen Konstellation auf 100 Meter Loch in Loch schoss und auf 300 Metern schlechtestenfalls eine handtellerbreite Streuung erzielte. Die perfekt passenden Patronen waren alle von RWS (Kegelspitz, Doppelkern und HIT).
Mit dem Kick-Stop und fallweise noch Magnaports an den Läufen (Einschnitte, die ebenfalls rückstoßmindernd wirken), habe ich jedes der hier beschriebenen Kaliber ohne nennenswerte Beschwerden geschossen - und das auch trotz teilweise erheblicher Schußserien (z.B. in der Vorbereitung auf die Büffeljagd, die sich bei einem annehmenden Bullen auch als absolut notwendig erwies wie hier beschrieben).
Die beiden M03 sind von mir nicht übermäßig gepflegt worden, aber viele Tage mit mir unterwegs gewesen, im Hochgebirge, in Afrika, in Sumpfgebieten, bei Temperaturen tief unter Null, im tagelang strömenden Regen in Schottland, in feuchtwarmen Gegenden und bei starker UV-Strahlung. Auf solchen Reisen wird die Waffe nicht ausgepackt und dann wenige Stunden in die Ecke gestellt oder in der Hand getragen, sondern sie ist immer am Mann und knallt nicht selten auf den Boden, gegen einen Felsen oder liegt schlicht im Dreck, wenn man auf dem Boden liegend abglast. Das alles haben die beiden M03 ohne eine größere Beschädigung weggesteckt und sind immer voll funktionstüchtig geblieben.
Der einzige Kritikpunkt ist ausgerechnet die Handspannung, die einmal in Afrika insofern versagte, als dass die Feder scheinbar ausgeleiert war. Dieses Problem ließ sich natürlich auch nicht vor Ort beheben, sondern ich gab die Waffe an meinen Büchsenmacher, der sie ins Werk schickte. Dort wurde die Handspannung zwar kostenlos repariert, aber da die Waffe damals noch nicht alt war, hätte ich schon gerne eine Erklärung für diesen Mangel gehabt. Ich schoß während dieser Reise unter anderem ein Hippo und einen Büffel und dabei war ein unzuverlässiger Einzellader, zu dem meine  M03 temporär geworden war, lebensgefährlich.
Ich könnte zwar auch die Art des Magazins kritisieren, das erst hörbar und manchmal schwergängig einrasten muß, bevor man sicher sein kann, es nicht zu verlieren, aber Mauser hat es inzwischen so überarbeitet, dass es bei neueren Modellen verriegelbar ist. Somit ist diese Schwachstelle behoben. Ich habe bei wehrhaftem Großwild ohnehin ein zusätzliches, geladenes Magazin mitgeführt, weil ein Magazinwechsel schneller geht als ein Laden von Patronen mit Hand.
Zusammengefaßt ist die M03 sicher der Mercedes unter den Repetierwaffen (mit einem entsprechenden Preis von rund 2.500 Euro, also ungefähr dem doppelten einer Remington 700) und hat auf Reisen mit Recht häufig für Interesse und Beachtung gesorgt. Sie hat sich als sehr präzise, widerstandsfähig und zuverlässig gezeigt (mit der einen genannten Ausnahme) und ermöglicht einfach mehr Optionen, als eine einfachere Waffe. Das gilt über die beschriebene Möglichkeit der Wechselläufe hinaus auch für Schaftformen und -materialien, Laufkonturen und -stärken und viele andere Details.


Das Kaliber .300 Win Mag in den Pyrenäen


Im September 2021 kündigte Mauser an, die Produktion der M03 einzustellen. Ersatzteile wird es aber scheinbar weiter geben. Schon aufgrund der produzierten Stückzahlen dürften diese Waffen aber noch einige Jahre gebraucht gut verfügbar sein.


Die Remington 700
Die Serie Remington 700 wird seit inzwischen fast 60 Jahren hergestellt und dürfte über 6 Millionen mal als Jagd-, Sport- und Behördenwaffe verkauft worden sein. Ich habe gute Erfahrungen mit drei von heute rund 40 erhältlichen Modellen.

Diese  Serie verfügt nicht nur über einfachere und preiswertere Modelle, sondern auch über teurere (rund 300 bis 500 Euro Preisunterschied) mit Aluminiumbettung wie beispielsweise
  • die "Police" bzw leichteren "Police LTR"-Modelle (u.a. in .223 Remington, .308 Winchester und .300 Win Mag),
  • die "XCR"-Modelle (Extreme Conditions Rifle; gleiche Kaliber)
  • oder die "5R"-Modelle (Mil Spec mit anderer Zug-Feld-Anordnung; u.a. .308 Win, .300 Win Mag, 6.5 Creedmoore).
Diese Waffen gelten wegen ihrer Robustheit und hohen Präzision als absolut empfehlenswert und das kann ich bestätigen.

Ich habe
  • eine kurzläufige Remington 700 XCR im Kaliber .308 Win
  • eine (gebraucht gekaufte) Remington 700 im Kaliber .222 Rem
  • eine Remington 5R mit Gewinde (und Stallon-Schalldämpfer, der zwar Rückstoss wegnimmt, aber viel zu wenig Schussknall, so dass ich eine Mündungsbremse bevorzugen würde, die den Knall zwar lauter macht, aber den Lauf nur unwesentlich verlängert und die Präzision nicht beeinträchtigt wie meine Lutz Möller-Bremse) im Kaliber .300 Win Mag
Alle diese Waffen habe ich im In- und Ausland geführt.

Die Remington 5r mit Schalldämpfer


Vor- und Nachteile der Remington 700
Die Remington 700 sind praktisch unverwüstlich und können unter nahezu allen jagdlich oder militärisch anzutreffenden Bedingungen eingesetzt werden.
Es gibt nur wenige Kritikpunkte, die ich an meinen Modellen festgestellt habe:
  • Das innenliegende Magazin (Klappdeckelmagazin) hat Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite ist es unverlierbar und besonders geschützt und robust, auf der anderen Seite ist das Laden durch die enge Öffnung des Patronenlagers mühsam und ein schnelles Nachladen (Magazinwechsel) gar nicht möglich. Inzwischen kann man für zwischen 80 und 150 Euro ein herausnehmbares Magazin nachrüsten. Es empfiehlt sich statt der billigen Plastikmagazine gleich eine gute Stahlversion (sonst zahlt man wie ich doppelt). Allerdings verringert so eine Nachrüstung den Preisunterschied zu teureren Modellen. Bei einer Waffe, mit der man, außer auf dem Schießstand nur wenige präzise Schüsse abgibt wie meiner Remington im Kaliber .300 Win Mag, würde ich mir das Geld heute sparen.
  • Die allermeistens fehlende offene Visierung (von derzeit 34 Modellen haben nur 3 Kimme und Korn) schafft eine totale Abhängigkeit vom Zielfernrohr bzw. vom (ggf. zusätzlichen) Rotpunktvisier. In einer Gefahrensituation, wie ich sie schon mehrfach erlebt habe einfach das Glas abnehmen und auf die offene Visierung für die Nahdistanz zurückgreifen ist somit unmöglich.
  • Der Kammerstängel ist flach gehalten und liegt eng an der Waffe an. Das erschwert ein schnelles Repetieren. Auch dies konnte man immer schon nachrüsten, aber inzwischen gibt es bei einigen waffen (so bei meiner 5R) den deutlich besseren  Tactical Bolt Knob.
Natürlich sind diese Eigenschaften u.a. auch für den niedrigeren Preis verantwortlich und sie beeinträchtigen mich auch nicht erheblich.
Auf eine Reihe von (angeblichen) Kritikpunkten, die man im Internet findet (z.B. schlechte Präzision einzelner Waffen, Probleme beim Ausziehen der Hülse), bin ich hier nicht eingegangen, da ich sie weder selbst bestätigt gefunden habe, noch jemanden kenne, bei dem dies der Fall ist. Solchen unbewiesenen Gerüchten sollte man keine Bedeutung beimessen.
Zusammengefaßt würde ich sagen: Die Remington 700 bzw. die teureren Modelle sind erstklassige, aber vergleichsweise einfach gehaltene und dafür unverwüstliche Waffen von der Stange.
Sie sind weder modulartig angelegt (man kann das Kaliber nicht wechseln), noch wertig ausgestattet, aber es gibt für sie eine ganze Reihe von (in über 50 Jahren auch erprobten) Nachrüstungsteilen - bis hin zum kompletten Schaftsystem.
Die Kaliberverfügbarkeit ist anders als bei anderen amerikanischen Herstellern (z.B. Savage) nicht auf den deutschen/europäischen Markt zugeschnitten, aber es gibt mehr als genug Auswahl.
Von der Präzision und Robustheit her, also dem, worauf es bei Jagdreisen ankommt, sind sie absolut empfehlenswert.