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Tempsky Bowie von Svord - exotischer Standhauer

1983 begann der damals 18jährige Bryan Baker in Neuseeland Messer zu machen. Damit legte er den Grundstein für seine heutige Firma Svord Knives, die immer noch zu 100 Prozent in Neuseeland produziert und vergleichsweise preiswerte und hochbelastbare Klingen herstellt. Darunter sind auch einige klassische Messer wie beispielsweise das Tempsky Bowie.

Ein Standhauer ist eine jagdliche Blankwaffe, die dazu dient, sich einen Standplatz, einen Pirschweg oder ein Schußfeld freizuschlagen und notfalls auch einen Unterstand oder einen "Blind" (eine getarnte und behelfsmäßige Ansitzeinrichtung) zu bauen.

 

 

Mit dieser Aufgabe hat es sogar Eingang in die Schriften von Hermann Löns gefunden, der sich über den verweichlichten, städtischen Jäger wie folgt lustig macht: "Es ist rührend anzusehen, wie solch ein Mensch, dessen Wiege von Asphaltdünsten umsäuselt wurde, sich anstellt, wenn er sich einen Stand schneiden will und einige Zweige von Daumenstärke beseitigen muss. Er hat ein Taschenmesser, das eine prachtvoll geperlte Hirschhornschale und mindestens zwanzig Klingen und dergleichen hat. Er zückt es und säbelt los. Im Schweiße seines Angesichts schnippelt er fünf Minuten an dem Zweige herum, zieht sich ein halbes Dutzend Wasserblasen in der Hand zu, bricht sich drei Scharten in die viel zu sehr gehärtete Klinge, reißt sich seinen schönsten Fingernagel ein und bricht schließlich den Zweig mit solchem Getöse herunter, dass der Rehbock sich fragt: 'Aha! also werden wir für das erste nicht gerade dort zur Äsung austreten' .… Wer sich daran gewöhnt, den Standhauer zu führen, dem wird das Steigehauen bald nicht mehr eine Zwangsarbeit, sondern ein Vergnügen, um nicht zu sagen, ein Sport sein. Es wird ihm Spaß machen, eigenhändig seine Jagd mit einem Netze von Pirschsteigen zu überziehen, die Blößen miteinander zu verbinden und Buchten und Auskicke zu schlagen, wo es nötig, nützlich und angenehm ist: Lieb und wert wird ihm diese Arbeit werden, so lieb, dass er überhaupt nicht mehr weiß, dass es eine tote Zeit für ihn gibt. Ödet ihn der Asphalt, mopst ihn die Zivilisation, dann macht er, dass er hinauskommt."

 


Zwar besteht in den meisten deutschen Revieren heute keine Notwendigkeit mehr, sich mit so improvisierten Hilfsmitteln wie einem Standhauer einen Weg zu bahnen, das kann bei der Auslandsjagd aber anders sein. Zugegeben ist es schon Wegen des Fluges oder genauer gesagt des Gepäckgewichts und möglicher Vorbehalte des Zolls unpraktisch, beispielsweise nach Schottland oder Südafrika eine so große Klinge wie das Tempsky Bowie von Svord oder ein anderes sehr großes Messer mitzunehmen, aber in beiden Ländern habe ich einheimische Klingen solcher Dimensionen benötigt.


Auf dem Weg zur Bergung eines Cape Buffalo


In Afrika nutzten wir, wie man hier nachlesen kann, zum Bau eines Blinds für die Jagd auf Buschschweine und zum Freischlagen eines Weges zur Bergung von Wild meist eine rostige Panga (Machete) und in Schottland auf der Halbinsel Cowal, die anders als die Highlands, bewaldet und von Unterholz durchzogen ist, baute ich mir mit Klappsäge und großem Messer den ein oder anderen Blind auf die Wiederaufforstungsstellen, auf denen Rehwild zu erwarten war.


Arbeit mit der Panga


Manchmal muß auch nicht jeder Ausrüstungsgegenstand sinnvoll sein, sondern es "darf" auch Spaß machen, eine Klinge wie beispielsweise das Tempsky Bowie zu benutzen.

Es handelt sich dabei um ein sehr großes Bowiemesser nach einem historischen Vorbild, das eine 28 cm lange Klinge von 7 mm Stärke hat und aus 15N20-Stahl besteht, der auf 58 HRC gehärtet ist. Das Messer ist natürlich full tang und nahezu unzerstörbar.

Das Design ist einem Muster nachempfunden, das Gustav Ferdinand von Tempsky eine Art preußischer Söldner und Glücksritter in neuseeländischen Diensten nach amerikanischen Vorbildern erfunden haben soll.
Von Temspky (1828 geboren in Braunsberg, Ostpreußen, gefallen 1868 in Neuseeland) war ein preußischer (und nicht wie gelegentlich behauptet wird polnischer) Adeliger aus einer Offiziersfamilie, der nach Kadettenschule und kurzer militärischer Karriere unter anderem versuchte, als Kolonist in Nicaragua und Goldsucher in Kalifornien und Australien zu Wohlstand zu gelangen. Aus den USA brachte er nicht nur die Kenntnis des Bowiemessers mit, sondern mehr noch die Fähigkeit, es als Nahkampfwaffe einzusetzen.




Von Tempsky landete schließlich in britischen Diensten in der Kolonie Neuseeland, wo er bei den Forest Rangers, einer wilden militärischen Formation mit Aufklärungs- und Counter Insurgency-Auftrag im Kampf gegen die Maori, die neuseeländischen Ureinwohner, als zweithöchster Offizier eine Kompanie befehligte. In dieser Einheit dienten insgesamt rund 365 Mann, wobei niemals mehr als rund 100 gleichzeitig im Einsatz waren.
Nachdem er sich mit Captain Jackson von den Forest Rangers angefreundet hatte und ihn auf einer Patrouillie begleitet hatte, wurde er auf dessen Vorschlag in die Truppe aufgenommen und britischer Untertan.
Von Tempsky bekam rasch eine eigene Kompanie (die nicht mehr als 30 bis 50 Mann umfasst haben kann) und ließ sie u.a. mit 30 Bowiemessern ausstatten, die ein Klingenschmied aus Auckland für ihn herstellte.
Außer dieser Waffe verwendeten die Rangers Revolver und Karabiner (von Tempsky selbst zwei ihm vertraute Colt Navy-Revolver im Kaliber .36).
Von Tempsky wurde Hauptmann und später Major und stand wegen Befehlsverweigerung vor einem Kriegsgericht. Nach der Auflösung seiner Einheit kämpfte von Tempsky in einem neuen Krieg gegen die Maori in anderer Verwendung (Armed Constabulary), wo er mit einem Kopfschuss bei einem Gefecht fiel. Er ist bis heute eine legendäre historische Figur in Neuseeland.




Svord hat mehrere Produktlinien, die sich nach Qualität und Preis unterscheiden. Im unteren Bereich sind beispielsweise die Messer der Serie "Kiwi Knives", die gute und robuste Klingen und einen aufgespritzen Kunststoffgriff haben. Weiter gibt es "Economy Sporting Knives" und "Deluxe Sporting Knives" mit Holzgriffen unterschiedlicher Güte und die sogenannten "Custom Knives", zu denen das Tempsky Bowie gehört. Zwei weitere bemerkenswerte Muster sind eine Machete britischen Typs ("Golok") und eine Art großes Abfangmesser ("Ned Kelly Toothpick"), das nach einem legendären neuseeländischen Banditen des 19. Jahrhunderts benannt worden ist. Erwähnenswert ist noch das kleinere Bowie von Svord ("Ranger Knife") mit immer noch 17 cm Klingenlänge. Der Name Tempsky schient so verkaufswirksam zu sein, dass es inzwischen noch ein Tempsky Hawk und ein Tempsky Golok gibt - Neuerfindungen, die nichts mehr mit historischen Vorbildern zu tun haben und mich nicht interessieren.




Da ich eine Vorliebe für große Messer und insbesondere die Klingenform und Geschichte des Bowies habe, gehört das Tempsky Bowie zu meinen Must haves, auch wenn man für ein solches Messer hierzulande gelegentlich belächelt wird. Es macht Spaß damit zu arbeiten und gleichzeitig auch ein Stück Geschichte und ein einfach handwerklich schönes Werkzeug in den Händen zu halten.