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Ausrüstung für eine Pirschjagd im Winter

Ich hatte die Ausrüstung für meine Pirschjagd im Winter in den Bergen Anatoliens sorgfältig zusammengestellt. Die Praxis zeigte jedoch, dass ich einiges mehr mitnahm, als ich tatsächlich brauchte und bewegte mich zum Umdenken.

Zugegeben: Ich interessiere mich für Ausrüstung und es macht mir Spaß, sie einzusetzen. Aber nur eine echte Felderprobung über Tage hinweg unter schwierigen Bedingungen zeigt, was man wirklich braucht. Nicht nur Wetter (- 4 bis - 20 Grad, 30 bis 50 cm Schnee und Eis) und Gelände (hügelige Berglandschaft mit Felspassagen) bestimmten die Rahmenbedingungen, sondern vor allem das eigentliche Ziel der Reise, in diesem Fall die Tagespirsch auf extrem schußharte, starke Keiler. Die Ausrüstung war also nur insofern zweckmäßig, als sie mir bei der Erreichung dieses Zieles, der Erbeutung solcher Keilertrophäen, dient.

Für mein Überangebot an Ausrüstung gab es gute Gründe, denn bei dieser Jagdreise in ein unbekanntes Jagdland limitierten mich zunächst nur die Anforderungen einer Flugreise (also die Begrenzung von Gewicht und Umfang des Gepäcks). Da ich tageweise von einer festen Unterkunft aus jagte und nicht meine komplette Verpflegung, Schlafsack, Zelt und Isomatte mitführen mußte, hatte ich vergleichsweise viel Spielraum beim Befüllen meines Tagesrucksacks und einer kleineren Tasche, die ich zur weiterführenden Versorgung im Fahrzeug ließ.

Das geht scheinbar nicht nur mir so: Während dieser Reise, besonders auf den langen Flügen, las ich zufällig mehrere Erlebnisberichte*, meist einfacher Soldaten aus dem Sezessionskrieg. Mehrere Male wurde beschrieben, wie die Soldaten zunächst neben ihrer Langwaffe noch Revolver und große Messer mitführten und welche Ausrüstung - vom Tornister über die Zeltbahn bis zur Feldflasche - sie erhielten. Sobald sie tatsächlich an Kampfhandlungen teilnahmen und vor allem auf langen Märschen, schickten sie das meiste nach Hause oder warfen es einfach am Wegesrand weg. Es war ihnen schlicht zu viel eigentlich unnötiges Gewicht. Am Ende blieb ihnen neben der Primärwaffe oft nur der Brotbeutel, in den alles reingestopft wurde, eine gummierte Decke als Unterlage und Regenschutz, eine wärmende Wolldecke, eine Blechtasse (zum Schöpfen und Erhitzen von Getränken), Munition, etwas Verpflegung und ein paar bequemer Schuhe an Stelle der Militärstiefel.



 
In gewisser Weise ging es mir ähnlich. Am Abend des ersten Tages nahm ich einiges aus meinem Rucksack heraus, packte jedoch mehr Munition hinein (ich hatte bereits 2 Keiler erlegt, darunter ein besonders zähes und wehrhaftes Exemplar mit 5 Schuß). Einen Tag später kam noch mehr raus. Und nach meiner Rückkehr schließlich bestellte ich einen Kleinstrucksack von Eberlestock, bei dem ich von vorneherein sehr wenig am Mann mitführen kann. da ich ein Harris-Zweibein an der Waffe mitführte, das mir auch im hohen Schnee gute Dienste leistete, bedurfte ich auch des prall gefüllten Rucksacks als Waffenauflage nicht mehr.

Hier die komplette in die Türkei mitgeführte Ausrüstung (ein Pluszeichen bedeutet, dass dieser Gegenstand sich besonders bewährt hat, ein Minuszeichen bedeutet, dass ich diesen Gegenstand unter ähnlichen Bedingungen künftig zu Hause lassen werde).


Bekleidung
  • schnelltrocknende Fleecejacke von Kuiu als zweite Schicht (+)
  • Merinoshirt von Kuiu als Ersatz für die zweite Schicht
  • dünne Daunenjacke von Kuiu ("Super Down Ultra") (trocknete erstaunlich schnell) (+)
  • Faserpelzweste (+)
  • atmungsaktive Regenschutzjacke und -hose von Kuiu ("Yukon") (+)
  • 2 schnell trocknende Jagdhosen von Kuiu ("Attack")
  • Schneetarnjacke (trotz hohem Schnee nicht verwendet; in unserem Team gab es von Blau über verschiedene Tarnmuster jede Farbe und ich kam in dem hügeligen Gelände dem Wild auch nicht so nah, dass es notwendig gewesen wäre, sich zu tarnen) (-)
  • G-Loftjacke und -hose von Carinthia (auf kleines Packmaß zusammenlegbar, für den Notfall, bzw. bei Nässe der Jagdbekleidung während einer Pause verwendet) (+)
  • warme Odlo-Unterwäsche lang (für eine Pirschjagd zu dick, hier als Schlafanzug benutzt) (-)
  • lange Brynje-Netzunterwäsche (+)
  • 2 schnelltrocknende kurze Unterhosen (+)
  • 3 Paar kurze Socken "Running" von Falke (Unterziehsocken in den Stiefeln) (+)
  • dicke Meindl-Jagdstrümpfe oder TS 300er Jagdstrümpfe von Grube
  • dicke Merinosocken lang (eigentlich unnötig, da langsamer trocknend als Kunstfaser, aber Wohlfühlfaktor nach der Jagd)
  • dünne Beanie-Mütze von Arcteryx (als Ersatzmütze in der Brusttasche mitgeführt)
  • dünnes Schlauchtuch aus Merinowolle (ebenfalls in der Brusttasche mitgeführt) (-)
  • schwere Wollmütze (+)
  • Unterziehhandschuhe (-)
  • Fausthandschuhe mit Primaloftfüllung (zu dick für Pirschjagd) (-)
  • Handschuhe von mittlerer Dicke von Arcteryx (schnelltrocknend und gut bewährt) (+)
  • wasserdichte Gamaschen (hielten Hosenbeine absolut trocken, genau so unverzichtbar im Schnee wie z.B. in den Highlands) (+)
  • Gürtel (erwies sich über der Oberbekleidung als zu eng zum Mitführen von Ausrüstung, hier wäre eine Bauchtasche oder ein breiterer und längerer "Battle Belt" eine Alternative)
  • Signalweste (in diesem menschenleeren Gebiet allenfalls für Notfälle zur Findbarkeit relevant; das war aber selbst in den Pyrenäen schon anders, wo ich auf andere Jäger traf)
  • Sonnenbrille (das Weiß des Schnees - insbesondere bei starker Sonneneinstrahlung oder weiß verhangenem Himmel strengte meine Augen an, hier unverzichtbar) (+)

Transportmittel
  • kleiner Bundeswehrrucksack (zunächst auch als Waffenauflage verwendet, wegen des Tempos der Jagd dafür weniger geeignet und statt dessen langes Harris-Zweibein benutzt; als reines Transportmittel eigentlich immer noch zu groß)
  • wasserdichte Schutzhülle für den Rucksack (aufgrund der Temperaturen unnötig)
  • 2 Drybags (als Schutz vor Nässe von Außen unnötig, als Schutz der trockenen Wäsche vor bereits verschwitzte Wäsche sinnvoll)
  • kleine Tasche in Flecktarn (hat sich bereits in anderen Ländern als Gepäckstück, das im Jagd-Kfz bleibt, bewährt; darin u.a. Wasser, zusätzliche Munition, Wechselwäsche, Essen) (+)
  • 2 Patronentaschen aus Filz (eine in der Jacke, eine in der Beintasche)
  • 2 Stiefelbeutel der Bundeswehr (Transport von schmutzigen Stiefeln bzw. Schmutzwäsche)
  • unauffällig unter der Jacke zu tragende flache Bauchtasche (für Bargeld und Waffenpapiere/Reisepaß)

Ausrüstung
  • Stirnlampe von Petzl (zusammen mit Notstirnlampe und kleiner Taschenlampe grundsätzlich sinnvoll, aber hier nicht zum Einsatz gekommen)
  • kleiner Esbitkocher und Esbit
  • kleiner Esbitkochtopf aus Titan (für Getränke)
  • Spork (-)
  • Seitenbacher Riegel
  • Traubenzucker (hier nicht benutzt, aber in der vergangenheit oft genug eine echte Hilfe, wenn eine Leistungssteigerung wie z.B bei einer Nachsuche nötig wurde)
  • Brausetabletten mit Elektrolythen
  • 2 Mal Trockennahrung von Real Meal (Essen gab es genug und es war auch bekömmlich) (-)
  • Flasche mit integriertem Wasserfilter "Katadyn BeFree" (in den meisten Ländern unnötig, da genug Mineralwasser in 0,5 l-Flaschen zur Verfügung steht) (-)
  • 1 l Kunststofffeldflasche von Nalgene (unnötig, siehe oben) (-)
  • 1. Hilfe-Set
  • Sam-Splint-Schiene
  • leichte Thermosflasche 1 l (unnötig, da sobald Zeit war, Tee auf dem Feuer gekocht wurde) (-)
  • Fernglas 8 x 30 (selten verwendet, hatte es einem aus unserem Team gegeben und zum Ansprechen das Zielfernrohr benutzt; der Wechsel zwischen Fernglas und Waffe hält mich bei bereits erkanntem Wild zu lange auf und ist mir zu kompliziert)
  • Skibrille (für den Marsch beim Schneetreiben gedacht)
  • Entfernungsmesser (hat sich, wenn Zeit genug war, wieder bewährt; davon ist allerdings in der Mehrzahl der Fälle nicht auszugehen; das Entfernungsschätzen bleibt wichtig)
  • Türkeil aus Holz (zur zusätzlichen Sicherung meiner Zimmertüre)
  • Panzerband (für Reparaturen)
  • feststehendes Messer
  • Kopfhörer (zum Telefonieren diesmal nicht zum Telefonieren verwendet, da ich nicht selbst Auto fuhr, wohl aber im Flugzeug für Musik)
  • Fotoapperat
  • starke Powerbank (während der vielen Stunden An- und Abreise verwendet, um eBooks auf dem Mobiltelefon zu lesen)
  • Gehörschutzstopfen (im Flugzeug und beim Schlafen in der Unterkunft verwendet) (+)
  • aktiver Gehörschutz von Sordin
  • Waffenreinigungsset inkl. aller Ersatzbatterien (die Bore Snake am Mann)
  • ein Stück Seife
  • Reiseunterlagen inkl. Versicherungsnachweis und Global Risk-Datenblatt
  • leichte Bivy Bag in Orange für den Notfall
  • Survival-Set (wird an anderer Stelle umfangreich behandelt)
  • Papiertaschentücher (Toilettengang)
  • Bundeswehrhandtuch (im Sommer beim Marsch verwendet, hier nicht) (-)

Resümee
Wie an anderer Stelle beschrieben, ist bei einer derart anstrengenden Pirschjagd das Feuchtigkeitsmanagement wesentlich. In diesem Fall kam die große Kälte hinzu. Ich muß ganz klar sagen, dass ich häufig nass geschwitzt oder vom Liegen im Schnee durchnässt war und dann in kurzen Ruhephasen gefroren habe. Aber ich bin mir sicher, dass dies nicht vermeidbar ist. Die Frage ist vielmehr, wie schnell die Kleidung trocknet und wie das Feuchtigkeitsgefühl auf der Haut bis dahin ist. Dafür habe ich mit der Netzunterwäsche und dem Fleece sowie dem Wind-/Regenschutz mit die beste (und teuerste) Wahl getroffen.

Meine Schuhe, die Haix KSK 3000, haben sich gemeinsam mit einem Paar dünner Socken und einem Paar dicker Strümpfe erneut unter schwersten Bedingungen bewährt. Ich habe sie zu Hause mit der Haix-Schuhcreme und einem Imprägnierspray für atmungsaktive Materialien behandelt und hatte trotz mehrerer Tage im Schnee weder ein Problem mit Nässe, noch mit Kälte.

Das Harris-Zweibein und die Mauser M03 haben ebenfalls gute Dienste geleistet (auch, wenn das Zweibein zwei Mal eingefroren war und ich zunächst zum Einklappen das kalte Metall aufwärmen mußte).

Ich werde also künftig zwar von vorneherein weniger, aber immer noch die beste verfügbare Ausrüstung/ Bekleidung mitführen.
Klar ist aber auch, dass die Notfallausrüstung nach wie vor dabei sein muss (und auch in dem kleinen Mini Me Rucksack von Eberlestock Platz hat). Das Mitführen von Ersatzkleidung, Munition und Verpflegung im Auto bleibt sinnvoll, wenn man 12 bis 15 Stunden unterwegs ist und auf unvorhergesehene Situationen treffen kann.

* Beispielsweise: Carlton McCarthy: Maismehl und Wasser. Das Alltagsleben des konföderierten Soldaten im Amerikanischen Bürgerkrieg. Und: John O. Casler: Vier Jahre in der Stonewall Brigade. Ein Soldat der 33rd Virginia Infantery erinnert sich an den Amerikanischen Bürgerkrieg.