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Regenschutz: Poncho oder Regenjacke

Meine wesentlichen Erkenntnisse zum Thema Regenschutz sind: Es gibt erstens - insbesondere bei körperlicher Anstrengung - keine Möglichkeit bei Dauerregen über einen längeren Zeitpunkt hinweg trocken zu bleiben. Zweitens gibt es auch nicht den perfekten Regenschutz, sondern verschiedene Möglichkeiten, die je nach Vorhaben mehr oder weniger zweckmäßig sind.
Und drittens gibt es für den Umgang mit Nässe gut geeignete Ausrüstungs- und Bekleidungstücke in Ergänzung zum Regenschutz.

Aber der Reihe nach.

Man sagt, Nässe und Wind haben mehr Soldaten getötet als feindliches Feuer und dies ist sicher mehr oder weniger richtig, wenn man sich vor Augen hält, was Nässe auf der Haut insbesondere im Zusammenwirken mit Wind anrichtet.

Nässe auf der Haut - egal ob durchgedrungener Regen, Schweiß oder beides zusammen - verdunstet und diese Verdunstung kühlt den Körper ab. Das ist ja gerade der Sinn des Schwitzens: Vermeidung von Überhitzung durch Abkühlung. Schlecht ist es, wenn erstens die Aktivität endet oder stark abnimmt und man nur noch abkühlt, ohne sich weiter zu erwärmen. Und hinzu kommen zweitens noch Kälte oder Wind von Außen.
Wind hilft zwar auf der einen Seite dabei, Textilien zu trocknen, auf der anderen Seite kühlt er aber zusätzlich, weil er den "Wärmemantel", also die Luftschichten, die eine Person um sich herum durch abstrahlende Körperwärme erwärmt hat, zerstört. Dieser Effekt von Wind führt übrigens dazu, dass zwischen tatsächlicher Temperatur und "gefühlter" Temperatur eine Differenz besteht.
Aber es geht nicht nur um nasse Haut, sondern auch um nasse Kleidung, denn nasse Kleidung verliert an Wärmeleistung und zwar je nach Material in unterschiedlichem Maße.

Wie gesagt: So lange man sich in Bewegung befindet, sind Nässegefühl auf der Haut und nasse Kleidung zwar unangenehm, aber nicht wirklich gefährlich, weil man selbst anhaltend Wärme produziert. Wenn man sich diskontinuierlich bewegt (Gehen und Verharren bei Pirschgang oder Marschieren und Pausieren bei einem Aufstieg) oder gar während einer Ruhephase, kühlt man jedoch durch diese Nässe schnell aus und kann wenig Wärme zurückhalten. Am schlimmsten und gefährlich ist dies, wenn man lange ruht oder gar schläft. 


1. Es gibt - insbesondere bei körperlicher Anstrengung - keine Möglichkeit bei Dauerregen über einen längeren Zeitpunkt hinweg trocken zu bleiben.
Vom Grundsatz her kann man, um dem Regen zu trotzen entweder Nässeschutzhose und -jacke oder Regenmantel und oder Poncho (oder ähnliche Ausrüstung wie Zeltbahn oder Umhang) verwenden.
Hinzu kommen Schuhe (Gummistiefel oder regendicht gemachte Wander- oder Bergstiefel mit Gamaschen und geeignete Unterkleidung (z.B. Funktionsunterwäsche und Fleeceshirt).

Die Materialien der Regenschutzbekleidung können entweder atmungsaktiv sein oder nicht. Atmungsaktivität entsteht dadurch, dass das Material Poren besitzt, die kleiner sind, als Wassertropfen. Das verhindert das Eindringen von flüssigem Wasser. Wasserdampf, der durch Schwitzen entsteht, wird hingegen durchgelassen. Damit bleibt man von außen trocken und von innen ebenfalls, da der durch das Schwitzen entstehende Wasserdampf nach Außen entweicht. So weit jedenfalls die Theorie.

Ist das Material nicht atmungsaktiv (wie beispielsweise bei den gummierten Stoffen, die vor der Erfindung der Membran für Regenbekleidung 1976 genutzt wurden), kann der Wasserdampf nicht entweichen und man schwitzt stärker, als durch die reine körperliche Anstrengung ohnehin schon. Man hat hier allenfalls die Möglichkeit, durch Öffnungen für Belüftung zu sorgen. Ein Poncho, der immer unten (an den Beinen) offen ist, ermöglicht wenigstens dort ein Entweichen von Wasserdampf und bei Nässeschutzhosen und -jacken können offene Reißverschlüsse an den Beinen oder unter den Armen helfen. Ohne diese Reißverschlüsse zur Belüftung kann man zumindest die Jacke leicht öffnen und "den Hosenstall" offen lassen.

Bei imprägnierten Baumwollstoffen (z.B. bei Zeltbahnen), Wachsjacken von Barbour u.a. oder den G100-Jacken und Hosen von Fjällraven u.a.) besteht der Zielkonflikt in der Imprägnierung. Ist der Stoff stark gewachst und somit wasserdicht, ist er wenig bis kaum atmungsaktiv. Ist er wenig oder gar nicht gewachst, ist er auch wenig oder gar nicht wasserdicht. Eine Imprägnierung geht nicht nur durch das Waschen, sondern auch durch häufigen Gebrauch (Regen, Abrieb und UV-Licht) verloren.

Aber auch atmungsaktive Materialien können in vielen Fällen ihre Funktion nicht wahrnehmen:
  • wenn die Luftfeuchtigkeit draußen so hoch ist, dass Wasserdampf überall in der Luft ist (dann kann er von außen nach innen dringen)
  • wenn Waschmittelreste oder Schmutz die Membranen verschließen und Wasserdampf nicht von innen nach außen entweichen kann
  • wenn mehr Wasserdampf entsteht (starkes Schwitzen), als abtransportiert werden kann
  • wenn Schweiß gar nicht zu Wasserdampf werden kann, weil er sich als Nässe in aufsaugender Unterbekleidung (z.B. Wolle oder Baumwolle) festsetzt
  • wenn kein erheblicher Unterschied was Kälte und Trockenheit betrifft zwischen Außen und Innen besteht
  • bei über dem Material eng getragenen Rucksäcken, Rucksackgurten, Waffenriemen oder Gürteln
  • wenn zwar der Stoff aus Membranen besteht, aber die Bekleidung an anderer Stelle (z.B. Reißverschlüsse oder Nähte) nicht wasserdicht ist 

Luftfeuchtigkeit fast 90 Prozent


2. Es gibt nicht den perfekten Regenschutz, sondern verschiedene Möglichkeiten, die je nach Vorhaben mehr oder weniger zweckmäßig sind.
In manchen Foren diskutieren Leute endlos darüber, welchen Regenschutz insbesondere welchen Poncho man kaufen oder anfertigen sollte. Dahinter steht die Absicht, das eine, perfekte Kleidungs- bzw. Ausrüstungsstück zu beschaffen. Und zwar am besten eines, dass gleichzeitig noch weitere Funktionen hat - etwa als Tarp, Biwaksack o.ä.

Diese Diskussionen sind ein Luxusproblem der Neuzeit, denn beispielsweise noch bei der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 marschierten die Truppen teilweise erst am Vortag der Schlacht an und kampierten weit überwiegend im strömenden Regen auf freiem Feld bis dann am Folgetag die Kämpfe begannen.
Naturgemäß bedeutete das ständige Ausgesetztsein der Soldaten gegenüber Wind, Regen und Schnee, dass die einzelnen Soldaten unnötig geschwächt und die Einheiten durch Krankheit vermeidbar dezimiert wurden.

Die Ausrüstung des durchschnittlichen einzelnen Soldaten wurde erst Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts stärker systematisiert und ergänzt, als zuvor und in diese Zeit fallen etwa die Einführung des Feld- oder Klappspatens und die der Zeltbahn, die beispielsweise im Sezessionskrieg 1861-65 in nennenswertem Umfang auftauchte.

Eine Zeltbahn (meist aus imprägniertem Baumwollstoff) diente dazu, alleine oder zusammen mit anderen Zeltbahnen eine Unterkunft (ein Zelt oder ein Lean-to; jeweils ohne Bodenplane) bauen zu können, als Regenumhang, zu Tarnzwecken, zum Verpacken (Zeltbahnpaket zur Überquerung von Gewässern) oder zum Verwundetentransport eingesetzt zu werden oder auch eine Schlafmöglichkeit daraus (eine Art Hängematte, Unterlage oder eine Umhüllung für den Schlafsack) zu schaffen.
Je nach Land und Konstruktion des Zweier- oder Gemeinschaftszeltes war die Zeltbahn drei-, vier- oder vieleckig. Gemeinsam ist den meisten Zeltbahnen, dass sie im trockenen Zustand mit meist deutlich über einem Kilogramm recht schwer sind.

Heute sind statt der in Bushcraftkreisen beliebten Zeltbahnen vor allem Ponchos eingesetzt, die auch andersherum zum Bau von Unterkünften verwendet werden können.

Im Folgenden möchte ich einige Ponchos besprechen. Nicht, weil ich mit dieser doch sehr eingeschränkten Liste eine Kaufempfehlung aussprechen möchte, sondern weil damit exemplarisch unterschiedliche Ponchoarten erklären möchte:

Bundeswehrponcho alt
Manche Leute präferieren den alten Bundeswehrponcho aus gummiertem Stoff (olivgrün). Er ist absolut wasserundurchlässig und man kann ihn wegen seiner Wasserundurchlässigkeit und Größe gut als Not-Tarp nutzen. Man kann sich zudem mit angezogenem Poncho so abhocken, dass der Poncho den Boden berührt und dann ein Teelicht darunter anzünden und sich so vor dem Erfrieren retten. Man kann gut einen großen Rucksack unter diesem langen Poncho tragen.
Aber zum einen ist dieser Poncho mit fast einem Kilogramm sehr schwer und zum anderen ist er nicht atmungsaktiv und man schwitzt deshalb schon bei geringer Bewegung sehr schnell. Diesen Poncho gibt es nur noch gebraucht zu kaufen (um die 20 Euro) und häufig ist er dann leicht beschädigt und/oder mehr oder weniger fachmännisch repariert.

Bundeswehrponcho neu
Der neue Bundeswehrponcho (flecktarn) ist atmungsaktiv und verfügt wie der alte über eine Kapuze. Er wiegt immer noch über 800 Gramm.

Jerven Fjelduk
Nur weil ein Ausrüstungsgegenstand vom Militär benutzt wird und eine Versorgungsnummer hat, bedeutet das nicht, dass er gut ist oder sich für Jagd und Outdoor eignet. Der Jerven Fjelduk wird seit den 80er Jahren hergestellt und ist lange beim Militär eingeführt. Er wiegt in seiner Urversion, die es in zwei Tarnfarben (Wald und Gebirge) nur 650 Gramm und ist an der Innenseite beschichtet, damit Körperwärme reflektiert werden kann. Man kann den Fjelduk als Tarp oder Biwaksack verwenden (dazu hat er die nötigen Reisverschlüsse) oder eben als Poncho. Auch unter diesen Poncho paßt ein Rucksack. Ihm liegen eine kleine orange Signalflagge und zwei Ärmel (können auch beim Zerwirken von Wild zum Schutz der Kleidung getragen werden) bei. Allerdings hat er kein echtes Kopfteil (Kapuze) und ich finde es deshalb schwer, ihn als Poncho einzusetzen. Trägt man ihn offen (z.B. mit  Regenhut), regnet es an dieser Stelle hinein, trägt man ihn mit bedecktem Kopf, hängt der ganze Poncho unförmig wie ein Zelt an einem herunter.

Helikon-Tex Regenponcho
Dieser Poncho ist mit rund 450 Gramm erheblich leichter als die anderen genannten Produkte. Er besteht aus Nylon und trocknet schnell. Man kann ihn auch gut nutzen, wenn man noch einen 60 Liter-Rucksack trägt. Er ist allerdings nicht atmungsaktiv und reißt wegen des dünnen Stoffes vergleichsweise schnell. Und wenn er direkt auf Kleidung anliegt, geht nach einiger Zeit die Nässe durch.

Schon der kurze Vergleich zeigt, dass man seine Wahl so treffen muß, dass möglichst viele Ziele, die man bei der Planung des Einsatzes hat, erreicht werden können. Aber was ist generell bei der Bewertung eines Regenschutzes wichtig?
  • Für welche Aktivität braucht man den Regenschutz?
  • Muss man die komplette Ausrüstung mitführen oder gibt es eine feste Unterkunft Möglichkeiten, Ersatzausrüstung zu lagern und/oder zu trocknen?
  • Gewicht des Regenschutzes nass und trocken?
  • Packmaß des Regenschutzes?
  • Wassersäule?
  • Wasserdampfdurchlässigkeit?
  • Zusatznutzen als Tarp, Biwaksack, Trage, Tarnplane o.a.?
In dem Fall der 4 Beispielponchos würde ich sagen:
  • Auf einen reinen Marsch oder eine anstrengende Bergjagd mit Versorgungsmöglichkeit wenigstens am Ende des Tages und ohne Erwartuzng von Regen, nehme ich so etwas Leichtes mit wie den Helikontex-Poncho.
  • Auf eine eher stationäre, eintägige Jagd wie beispielsweise die Biberjagd in Litauen oder Schweden nehme ich ruhig einen schweren, gummierten Poncho mit wie das alte Bundeswehrmodell. Damit bin ich beim Sitzen über lange Zeit perfekt geschützt.
  • Auf einer Wildnisjagd mit schwierigen klimatischen Bedingungen, bei der ich Transportmittel habe und nur temporär zu Fuß unterwegs bin (vom Pferd, Quad oder Schneemobil abgesessen), nehme ich etwas wie den Jerven Fjeldunken mit, da er auch als Notunterkunft erwendbar ist und Körperwärme reflektieren kann.
  • Auf eine Tour mit Lagerfeuer, nehme ich eine Zeltbahn mit, der auch Funkenflug nichts anhaben kann und einen Schlafsack und, wenn ich davon ausgehe, dass es regnet oder ich möglicherweise keine Unterkunft bauen kann, noch einen Biwaksack.
  • Für eine eintägige Bergjagd, bei der ich mit Regen rechne, nehme ich einen guten Nässeschutzanzug wie die Yukon-Kombination von Kuiu mit, mit der mir die Hände frei bleiben. Wichtige Teile der Ausrüstung (z.B. Ersatzbekleidung), verpacke ich im Rucksack in Drybags.
  • In wirklich allen Fällen nehme ich zusätzlich im Notfall-Set eine Rettungsdecke mit und auf längeren Touren, bei denen nicht sofort Hilfe zu erwarten ist (insbesondere im Gebirge) zusätzlich einen Not-Biwaksack.


3. Es gibt für den Umgang mit Nässe gut geeignete Ausrüstungs- oder Bekleidungsstücke in Ergänzung zum Regenschutz.
Das Wichtigste, um durchzuhalten und auf den Marsch oder, um die Jagd fortsetzen zu können, sind trockene Füße. Bei nassen Füßen löst sich früher oder später die Haut auf (im Ersten Weltkrieg mit der dauernden Nässe der Schützengräben, wurde dieses häufige Phänomen als "Grabenfuß" bezeichnet). Neben wasserdichten Stiefeln (wegen des Zielkonfliktes von Atmungsaktivität und Wasserdichtigkeit, entschließe ich mich in manchen Umfeldern dazu, die Stiefel mit Schuhcreme komplett "dicht" zu machen), leisten Gamaschen dazu gute Dienste, denn sie verhindern nasse Hosenbeine (z.B. unter dem Poncho) und das Eindringen von Wasser von oben in die Stiefel hinein. Ich habe mit meinen Gamaschen einige Bäche durchquert und bin versehentlich in einige Wasserlöcher (z.B. durch eine dünne Eisschicht) getreten und stets trocken geblieben.

Wenn ich Nässe vom Körper weg transportieren will, muss ich, wie an anderer Stelle beschrieben (hier oder hier), einen Stoff verwenden, der das auch ermöglicht, der also nicht wie Wolle Nässe anzieht und speichert, sondern diese schnell abgibt. Deshalb verwende ich Funktionsunterwäsche aus Kunstfaser (z.B. von Brynje) und darüber Shirts aus Fleece (z.B. das Peloton Fleece Hoodie von Kuiu).


Was schützt in Ergänzung zu Regenschutz vor Nässe
Es gibt eine Vielzahl kleiner Möglichkeiten, weniger Nässe entstehen oder einwirken zu lassen:
  • Man hält sich an regengeschützt(er)en Orten auf. Jeder hat schon bemerkt, dass man im Wald von Regen besser geschützt ist, als außerhalb des Waldes. Das gilt insbesondere im Laubwald so lange noch Blätter an den Bäumen sind. Sehr dichter Nadelwald oder Plätze unmittelbar unter sehr dicht gewachsenen Nadelbäumen schützen auch vor Regen.
  • Man schafft sich durch Aufspannen einer Plane oder eines Ponchos oder Unterziehen an regengeschützten Orten (z.B. Brücke, Felsüberhang, Gebäude) temporär einen Regenschutz.
  • Man vermeidet das Schwitzen, indem man die Bekleidung an der Belastung orientiert, langsam und mit Pausen geht oder Bewegungen nach Möglichkeiten verkürzt oder vermeidet.
  • Man erhitzt den Körper nicht zusätzlich durch warme Getränke, Taschenöfen oder warme Speisen.
  • Man öffnet bei körperlicher Anstrengung die Kleidung so weit möglich, ohne dass Regen eindringen kann (z.B. Reißverschlüsse unter den Armen, offener Kragen).

Einen umfassenden Überblick über das Marschieren und die richtige Vorbereitung sowie die dazu notwendige Ausrüstung inklusive geeigneter Oberbekleidung findet man in meinem neuen Buch "Marschieren. Tipps für erfolgreiches Marschieren, Wandern, Trecking.", das bei Amazon sowohl als eBook (hier), als auch als Taschenbuch (hier) verfügbar ist.


Weitere Artikel zum Thema Regenschutz finden sie hier ("Nässeschutz auf der Jagd") und hier ("Feuchtigkeitsmanagement bei der sportlichen Jagd").