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Zweibein, Schießstock, Rucksack: Effektive Schießhilfen

Auf der Auslandsjagd (und der Pirschjagd in Deutschland) kann man so gut wie nie von Ansitzeinrichtungen aus schießen. Für einen sicheren Schuß kommen deshalb nur zwei Möglichkeiten in Frage: Zum einen die Ausnutzung von Eigenschaften des Geländes (z.B. an Baum anschlagen, auf Baumstumpf oder Heuballen auflegen) und zum anderen Nutzung mitgeführter Hilfsmittel für einen sicheren Anschlag.

Diese Hilfsmittel können entweder zum Schießen mitgeführt werden (z.B. Zweibein, Schießstock) oder dazu benutzt werden, obwohl sie eigentlich einem anderen Zweck dienen (z.B. Rucksack zum Auflegen der Waffe).

Der Scharfschütze und Ausbilder John Plaster* sagt: "No matter whether sitting, standing, lying prone, or kneeling - and no matter what kind of target he has - a wise sniper always seeks a location having support or adds support to a location that lacks it. The difference in shooting performance with or without support is so profound that every experienced shooter has learned this."

Ich bevorzuge eine Handvoll von Anschlägen mit Hilfsmitteln. Erstens paßt nicht jeder Anschlag zu jedem Körperbau und zweitens kann sich nicht jeder Dutzende unterschiedliche Möglichkeiten merken und diese so trainieren, dass sie in einer hektischen Jagdsituation so abrufbar sind, dass ein wirklich präzises Schießen möglich ist.

Bei der Auswahl dieser Möglichkeiten muss man erstens zusätzlich berücksichtigen, dass mitgeführte Hilfsmittel Platz einnehmen und Zusatzgewicht verursachen. Zweitens muss man das Gelände bedenken (hohes Gras verhindert z.B. den Einsatz eines niedrigen Zweibeins).

Hilfsmittel für Anschläge sollen erstens das Waffengewicht tragen und zweitens die Bewegung der Waffe zur Seite und nach vorne oder hinten verhindern helfen.
Dementsprechend trägt also ein Einbein (Monopod) zwar das Waffengewicht, aber die Waffe kann dennoch in jede Richtung schwanken (außer nach oben und unten).
Ein langes Zweibein trägt ebenfalls das Waffengewicht, verhindert aber zusätzlich das Schwanken der Waffe nach rechts und links (nicht aber nach vorne und hinten).

Zusätzlich zum Waffengewicht muss das Körpergewicht beherrscht werden, also sollte man im Sitzendanschlag beispielsweise die Innenseiten der Ellenbogen auf den Knien ablegen anstatt sie frei "schweben" zu lassen. Das Ablegen der Gliedmaßen soll nach dem gleichen Prinzip erfolgen wie das der Waffe, also nicht "hart auf hart" (Knochen auf Knochen"), sondern immer "hart auf weich" (also im Beispiel Innenseite Ellenbogen auf Kniescheibe).


Harris-Zweibein
Das an die Waffe montierte Zweibein ermöglicht das sicherere Schießen in liegender, sitzender und knieender Position. Man kann es zum Transport nach vorne wegklappen oder demontieren. Wird es nur weggeklappt, erhöht es das Waffengewicht, wird es demontiert, dauert es, bis die Waffe wieder einsatzfähig ist.
Ich habe tagelang meine Waffe mit dem langen montierten Zweibein durch die Berge Spaniens oder Anatoliens getragen und dafür auf meinen Übungsmärschen mit einer 5 Kg-Hantel traniert. Es blieb aber extrem ermüdend.

Das Harris-Zweibein ist sicherlich der Mercedes unter den Zweibeinen (150 bis 200 Euro) und entsprechend teuer. Für eine harte Beanspruchung und größtmögliche Präzision muss es aber meiner Meinung nach aber dieser Mercedes sein. Es gibt das Zweibein in drei Größen und entweder mit einem beweglichen Gelenk oder starr. Mit dem beweglichen Gelenk kann man unkompliziert kleine Geländeunebenheiten korrigieren und deshalb ist dieses Modell zu bevorzugen, auch wenn es teurer ist. Das Harris-Zweibein verfügt über Gummifüße, die es auf auch steinigem Boden geräuschlos aufsetzen lassen.

Das große Harris-Zweibein eignet sich zum Liegend- und Sitzend-Anschlag. Beim Liegendanschlag muss man den Schaft entweder mit einem Säckchen (hier der leichte Lindnerhof Schießsack) oder dem linken Unterarm stabilisieren. Ich schieße mit diesem Aufbau leicht 300 Meter weit.
Ein Schießsäckchen (oder notfalls eine mit leichtem Granulat gefüllte Socke) ist bei der Verwendung jeder Auflage für den Vorderschaft sinnvoll.




Wenn man im Sitzen schießen möchte, zieht man bei großen Harris-Zweibein alle drei Glieder aus, nimmt eine entspannte Sitzhaltung ein, bei dem wie beschrieben die Arme auf den Ellenbogen ruhen und zieht die Waffe darüber hinaus normal in die Schulter ein. Für mich persönlich sind mit diesem Hilfsmittel 100 Meter die Grenze für einen sicheren Schuß.




Rucksäcke
Am sichersten schieße ich über den Rucksack und dafür muß ich auch nicht das verhältnismäßig schwere Zweibein als Extragewicht tragen. Mein alter Bundeswehrrucksack paßt perfekt zum Liegendschießen. Mein neuer und ultraleichter Arcteryx-Leaf Rucksack (30 Liter) ist auch mit wenig Inhalt so hoch, dass ich das Schießsäckchen brauche.




Auch bei meinem kleinen Eberlestock-Rucksack, der eigentlich nur eine Trinkblase und ein leichtes Kleidungsstück, sowie Kleinteile aufnehmen kann, brauche ich das Schießsäckchen, denn hier ist der Rucksack alleine nicht hoch genug. Diese Konstruktion ist natürlich weniger stabil als eine einteilige, aber für die Bergjagd kommt der Rucksack ohnehin nicht in Betracht, da ich darin nicht genug mitnehmen kann.




Stable Stick
Für viele Jagden in Europa und Afrika kommt man nicht um eine Schußabgabe im Stehen herum. In der Regel sind die Distanzen dann aber nicht sehr hoch. An Stelle des traditionellen Zwei- oder Dreibeins aus Holzstäben habe ich mir eine französische Erfindung ("Stable Stick; rund 200 Euro) gekauft, bei der man sowohl Vorder- als auch Hinterschaft auflegen kann. Über 150 Meter würde ich damit aber nicht schießen. Dieses Produkt bietet zwar ein sichereres Schießen, aber man schleppt dafür diese Alukonstruktion mit insgesamt vier Beinen mit herum. Für eine Sommerjagd in den Feldern Südenglands oder Südfrankreichs ist das jedoch ein geeignetes Hilfsmittel, da die Vegetation einen Liegendanschlag verhindert.




Erproben und Trainieren
Wie gesagt, muß man die Hilfsmittel, die man jagdlich einsetzen möchte, ausprobieren und und dabei die handvoll Techniken herausfinden, die man sicher beherrschen kann.
Dann muß man diese trainieren, um auf diese Weise auch unter der Anspannung der Jagd und nach vorangegangener Anstrengung sicher schießen zu können.
Aber genau das ist das Hauptproblem, denn an kaum einem Schießstand darf man auf diese Weise schießen. Ich kann deshalb nur raten, entsprechende Kurse an Schießschulen zu belegen und ggf. mit einer kleinen Gruppe einen Stand zu mieten, so dass man das Schießtraining (unter Beachtung der gesetzlichen Auflagen) einigermaßen frei gestalten kann.

*John L. Plaster: Ultimate Sniper. Updated and expanded. Boulder 2006.