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Das Sissipuukko-Messer. Peltonens Modell M95.

Es gibt Messer, von denen man weiß, dass man sie irgendwann kaufen wird, obwohl man sie eigentlich nicht braucht. Das Sissipuukko M95 ist so ein Messer, das ich seit einigen Jahren gut finde. Jetzt habe ich es gekauft und einige Male mit draußen sowie mit auf Jagdreise in Litauen gehabt.
Das Messer geht auf den finnischen Offizier Juha-Pekka Peltonen, der in der Nähe des Ortes Fiskars in Finnland lebt, zurück.




Er hat einige Einsätze als UNO-Blauhelm erlebt und während dessen begonnen, an seinem Entwurf für ein perfektes Militärmesser mit einer Verwendung vom Biwak (z.B. Lagerbau und Feuermachen) bis hin zum Kampf zu arbeiten - und zwar unter den harten klimatischen Bedingungen Finnlands und in Anlehnung an traditionelle finnische Messer.


Das Messer
Das M95 verfügt bei einem Gewicht von 198 Gramm über eine Klingenlänge von 15,5 cm und eine Klingenstärke von 4,25 mm.
Es verfügt über einen durchgehenden Erl, auf dessen Ende (80 CrV2).
Es ist out of the box sehr scharf und eignet sich hervorragend zur Holzbearbeitung.


Größenvergleich: Esee 6, M95, Tanimboca Puukko


Es gibt sowohl Leder-, als auch Kunststoffscheiden, die beide über eine Rolle im Inneren verfügen, mit der man das Messer vergleichsweise leise und leicht ziehen kann. Ganz lautlos geht es hingegen nicht.
Meine Kunststoffscheide lässt sich durch dazu vorgesehene Öffnungen rechts und links, sowie horizontal und vertikal am Gürtel tragen.

Das Messer ist auf dem Griff mit "Fiskars" gekennzeichnet, weil Peltonen dort wohnte und nicht, weil die gleichnamige Firma der Hersteller ist.
Das war zwar zu Beginn so, inzwischen aber werden das M95 und das M70 von der Firma Laurin Metalli aus Kauhava hergestellt.
Weiterhin stehen noch der Name J.P. Peltonen und die Postleitzahl des Ortes Fiskars auf dem Griff.




Außer dem M95 gibt es auch das mit 12,4 cm Klingenlänge kürzere M70 (184 Gramm Gewicht, gleiche Klingenstärke). Für dieses kleinere Messer gibt es die selben Kunststoff- bzw. Lederscheiden.

Ich habe im Internet einen Testbericht in einer bekannten deutschen Waffenzeitschrift gefunden, der ein paar Jahre alt ist. Damals hatte das Sissipuukko noch einen Flachschliff. Der Test verglich Militärmesser miteinander und kritisierte beim Sissipuukko eigentlich nur, dass es als einziges bei einem Biegetest stark verbog. Zum Hebeln, so war das Resümee, eigne es sich nicht. Inzwischen hat das Messer einen Scandischliff. Vielleicht ist das dem Versuch geschuldet, das Messer an der Klinge dicker und robuster zu machen ... mir hätte der Flachschliff erheblich besser gefallen.


Historischer Kontext
Peltonens  Sissipuukko soll bei einigen Spezialeinheiten verwendet worden sein, darunter angeblich zunächst die schwedische "Särskilda Skyddsgruppen" (wörtlich übersetzt "besondere Schutzgruppe"), die von 1994 bis 2011 existierte. Naturgemäß läßt sich diese Verwendung nicht verifizieren und sie ist für mich auch bedeutungslos.

In gewisser Weise ist der Name Programm, denn Sissipuukko heißt so viel wie "Ranger Messer" bzw. "Messer für Spezialeinheiten". Während ein "Puukko" schlicht ein Messer ist, steht "Sissi" im Finnischen für leichte Infanterieeinheiten besonderer Bestimmung. Die direkte Nähe der übermächtigen Russen bzw. Sowjets und die harten Klimabedingungen entlang der langen Grenze beider Völker haben bedingt, dass der Kleinkrieg der Finnen gegen den großen Nachbarn eine historische Normalität darstellte wie beispielsweise im Großen Nordischen Krieg von 1700 bis 1721 oder auch im Russisch-Schwedischen Krieg 1808 bis 1809 oder während des Zweiten Weltkrieges.




Kritik
Das Sissipuukko hat mich viele Jahre fasziniert, aber vermutlich hängt das mehr mit dem Mythos Finnland, als mit dem Messer selbst zusammen. Bücher über die Leistungen der Finnen beim Einmarsch der Roten Armee und den Krieg am Polarkreis sowie meine eigenen Erlebnisse in diesem schönen Land haben mir den Eindruck vermittelt, ein echtes Puukko von einem finnischen Offizier entworfen müsste perfekt sein. Als das Messer aber dann kam, war ich enttäuscht.

Der harte Kunststoffgriff hat keinen Grip und dürfte insbesondere mit nassen Händen rutschig sein. Aber auch trocken liegt er schlechter in der Hand als Micarta, G10 oder Kunststoffe, die sich weich anfassen.




Das Messer ist kopflastig und die Klinge mit über 15 cm relativ lang, das Messer ist zum Hacken wegen des geringen Gewichts dennoch nicht gut einsetzbar. Das Messer eignet sich zum Stich, aber der rutschige Griff und der fehlende Guard lassen eine starke Stichbewegung als Risiko erscheinen.
Als Jagdmesser ist das M95 zu lang und Kohlenstoffstahl ist dafür auch mit Beschichtung nicht die erste Wahl.
Hier wurde also vergeblich die Quadratur des Kreises versucht.

Mit rund 80 Euro ist das Messer natürlich auch nicht teuer und für ein all round-Militärmesser als Massenprodukt sicher gut geeignet. Und mehr ist es eben auch nicht - den ganzen Sissi- und Spezialeinheiten-Andeutungen zum Trotz.




Nachtrag
Ich habe das Messer jetzt rund ein Jahr und es im November und Dezember 2019 im Wald bei Buchen- und Eichenholz immer wieder ganz schön rangenommen. Das Messer hat seine Schärfe wirklich hervorragend gehalten und die Beschichtung ist unversehrt.  Auch die Nässe hat ihm nichts angetan.