Diese Jäger
vergessen aber erstens, dass es leicht sein kann, dass eine der genannten Dinge
notwendig wird und der Erwerb einer Kurzwaffe und zugehöriger Munition ungleich
langwieriger ist, als der Erwerb einer Langwaffe (Stichwort Voreintrag).
Sie
vergessen zweitens, dass die Fähigkeit, wenigstens einigermaßen sicher mit
einer Kurzwaffe umzugehen, zum jagdlichen „kleinen Einmaleins“ gehört und
verloren geht, wenn man nicht wenigstens ab und zu trainiert.
Und sie
vergessen drittens schließlich auch, dass die grundsätzliche Genehmigung zum
Erwerb von zwei Kurzwaffen für Jagdscheininhaber ohne einzeln begründetes
Interesse ein Privileg ist, das irgendwann in Frage gestellt sein könnte, wenn
es von zu vielen Jägern nicht genutzt wird.
Das
Kostenargument („ich kann mir keine Kurzwaffe leisten“) zieht jedenfalls nicht,
wenn man sich vor Augen hält, dass man beispielsweise hochwertige und fast
narrensichere Revolver der deutschen Marke „Arminius“ (Hermann Weihrauch Revolver)
für um die 300 Euro neu kaufen kann (.357 Magnum).
Glock 32 .357 Sig |
Fangschuss
Je nach Wild
kommt als Fangschusswaffe mit der entsprechenden Munition nahezu jedes Kaliber
ab .38 Spezial (Revolver) bzw. 9x19 (Selbstladepistole) in Frage. Geeigneter
für den Fangschuss auf stärkeres Wild sind bekannterweise u.a. .357 Magnum und
.44 Magnum (und stärkere Revolverkaliber) bzw. .357 Sig, .40 S&W und
.45 ACP (und stärkere Pistolenkaliber).
Allerdings
sollte man dabei folgendes bedenken:
- Lässt sich die Patrone gut beherrschen?
- Welche Waffen gibt es in dem Kaliber?
- Wie einfach ist die Munitionsbeschaffung?
Der Waffen-Papst Jeff Cooper schlug in
seinem weniger bekannten Buch „To Ride, Shoot Straight, and Speak the Truth“ als
Anforderungen an dienstliche nutzbare Kurzwaffen vor: „Any satisfactory service
pistol must possess the following three essentials, in equal measure: A.
Dependability; B. Power; C. Controllability.” Dem ist nichts
hinzuzufügen.
Warum Marke
und Kaliber weitgehend egal sind
Aber von
diesen Anforderungen abgesehen ist es nahezu egal, für welche Waffe und welches
Kaliber man sich entscheidet.
Ich selbst
benutze eine Gebrauchspistole im Kaliber .40 S&W mit Wechselsystem im
Kaliber 9x19 (Heckler & Koch USP) und eine Pistole des Typs 1911 im Kaliber
.45 ACP (Sig Tac Ops).
9x19- und .45 ACP-Munition ist problemlos und vergleichsweise billig in beliebiger Menge zu kaufen. Beide Waffen kann ich sozusagen „aus dem Stand“ passabel schießen und sie eignen sich für die Fallenjagd und den Fangschuss auf schwaches und stärkeres Wild.
9x19- und .45 ACP-Munition ist problemlos und vergleichsweise billig in beliebiger Menge zu kaufen. Beide Waffen kann ich sozusagen „aus dem Stand“ passabel schießen und sie eignen sich für die Fallenjagd und den Fangschuss auf schwaches und stärkeres Wild.
Man kann
sich hinsetzen und „Papierballistik“ betreiben, sich also vergleichbare Werte
(also z.B. gleiche Patrone in unterschiedlichen Kalibern mit dem gleichen
Waffentyp) für bestimmte Parameter ansehen. Man könnte also beispielsweise bei den
drei Pistolenkalibern 9x19, .357 Sig und .40 die Mündungsgeschwindigkeiten, die
Mündungsenergie, den sogenannten „Relative Recoil Factor“ und den sogenannten
„Taylor Knock-out Index“ vergleichen.
Der Relative
Recoil Factor wird von dem Standard-Nachschlagewerk „Ammo & Ballistics“ für
jede Lang- und Kurzwaffenpatrone angegeben. Die Betrachtung dieses Wertes
ergibt aber nur im Vergleich mit anderen Werten Sinn – vor allem solchen, die
man gut kennt.
Der
Knock-out Index geht auf den Berufsjäger John „Pondoro“ Taylor zurück und
berechnet sich aus: Geschoßgewicht (in Grains) x Geschoßgeschwindigkeit (in
Feet per second) x Geschoßdiameter (in Inch) geteilt durch 7.000.
In unserem
Beispiel sieht man dann, dass .357 Sig und .40 S&W beim Rückstoß nahe
beieinander liegen, aber wesentlich mehr aufweisen als die 9x19. Die .357 ist
mit Abstand Spitzenreiter bei Mündungsgeschwindigkeit und Mündungsenergie,
weist aber einen kleineren Knock-Out Factor auf (Geschossgewichte im Vergleich:
115 Grains bei 9x19, 125 Grains bei .357 und 155 Grains bei .40 S&W).
Was sagt uns
das? Nicht viel. Es kommt zunächst darauf an, ob man damit umgehen kann.
Glock mit Schaft |
Warum
Beherrschbarkeit wichtig ist
Ich hatte früher
eine Pistole im Kaliber .357 Sig (eine kompakte Glock 32), die ich zwar auf
Fangschussentfernung von um die fünf Meter schießen konnte, aber darüber hinaus
nicht gut beherrschte und für die es auch schwierig war, Munition zu bekommen.
Ich habe im
Laufe der Zeit einige gute Schützen damit schießen lassen, darunter einen
mehrfachen deutschen Meister und nur einer hat die Pistole einigermaßen gut
beherrscht und konnte auf die sportliche Entfernung von 25 Metern damit
wiederholbar ein passables Trefferbild erzielen. Für mich war die Waffe einfach
nichts. So gut sie mitzuführen war, so geeignet das Kaliber war – ich
beherrschte diese kleine Glock nicht.
Warum
Gefallen wichtig ist
Aber das ist
es in meinen Augen nicht alleine, denn mit Kurzwaffen muss man wie mit jeder
Waffe trainieren. Neben der Trainingsmöglichkeit und dem Preis von Munition (zu
beiden später mehr) spielt auch die Frage eine Rolle, ob man gerne trainiert.
Ähnlich wie
bei Messern dürfte das Gefallen an einer bestimmten Waffe eines der
wesentlichsten Auswahlkriterien sein, denn es gibt viele geeignete Kaliber
und noch mehr Waffenmodelle. Wer gut schießen will, sollte auch seine Pistole
mögen und gerne und oft damit schießen. Deshalb erübrigen sich auch weitere
Diskussionen darum, ob nun .357 Magnum oder .40 S&W oder sonst etwas aus
der Liste besser geeignet ist …
Ich hatte früher
einen Revolver im Kaliber .357 Magnum (einen gebrauchten Colt Python mit
4-Zoll-Lauf). Er lag meistens im Schrank. Irgendwie mochte ich ihn nicht. Auf
einer Messe konnte ich dann auf einem Stand von SigSauer alle möglichen
Kurzwaffen ausprobieren. Die .45er gefiel mir auf Anhieb. Und ich konnte sofort
damit vernünftig schießen. Deshalb habe ich sie trotz des stolzen Preises
gekauft.
Es scheint
auch anderen Leuten so wie mir zu gehen: Es gibt einen hervorragenden
Youtobe-Kanal (Gideons Tactical), dessen Protagonist vor allem Messer
bespricht, die er intensiv im Gelände erprobt hat. Er benennt aber darüber
hinaus noch ein zusätzliches Auswahlkriterium für Messer, das zumindest
unbewusst für viele von uns wichtig ist. Er nennt es frei übersetzt, ein Messer
"spricht einen an" („the knife connects with me“). Genau so war das bei mir und der .45er.
Sig 1911 .45 ACP |
Warum
Munitionsverfügbarkeit wichtig ist
„Ammo &
Ballistics“ listet für das Kaliber 9x19 135 kommerziell erhältliche
Laborierungen auf, 82 für die .40, aber nur 20 für die .357. Und
tatsächlich war in Deutschland Ende 2014, bevor ich die kleine Glock verkaufte,
keine einzige Patrone für die .357 Sig kurzfristig zu bekommen. Und auch mit
Wartezeit konnte ich nur serbische Vollmantel-Munition kaufen.
Und selbst,
wenn Munition verfügbar ist: wer regelmäßig trainiert, verschießt entsprechend
viel Munition und damit stellt sich natürlich auch irgendwann die Kostenfrage.
Warum
Trainingsmöglichkeiten wichtig sind
Das Problem
fängt in Deutschland bei der Verfügbarkeit von Pistolenständen für Jäger an. Da,
wo ich wohne, kann man einmal im Monat nachmittags auf den Kurzwaffenstand,
wenn der nächstgelegene Hegering ihn gemietet hat. Wer zu dieser Uhrzeit noch arbeiten
muss, muss am Wochenende weiter weg fahren. Aber auch dann bleibt es bei der
üblichen, gut beleuchteten 25-Meter-Bahn und der 10er Ringscheiben – also genau
dem, was eine Nachsuche im Dickicht nicht ist. Zwar ist es besser, so Kurzwaffe
zu schießen, als überhaupt nicht, aber von einem Fangschuss-Training kann man
dabei nicht sprechen.
Man darf
naturgemäß weder vorher eine Runde laufen, um ins Schwitzen zu kommen, noch das
Licht ausschalten und mit der Taschenlampe arbeiten, noch mit der geholsterten Waffe beginnen, noch seinen Hund an der
Leine zerren lassen, die man mit der linken Hand hält, während man mit der
rechten schießt. Anders ausgedrückt: Man darf nichts tun, um sich unter Stress zu setzen und
die Situation halbwegs realistisch erscheinen zu lassen.
Es gibt
deshalb wenig Alternativen zu einem speziellen Seminar zum jagdlichen Einsatz
der Kurzwaffe oder zumindest einer Möglichkeit, den Fangschuss halbwegs
realistisch abgeben zu können und festzustellen, wo man Schwächen hat. Ich will
an dieser Stelle nur auf wenige Seminare hinweisen, die ich selbst besucht
habe:
- „Fangschuss-Seminar“ der RWJ-Akademie mit Norbert Klups (ein guter halbtägiger Einstieg inklusive eines kurzen low light Schießens, aber kein regelrechtes Training)
- Fortbildung „Kundiger Schwarzwildjäger“ des Verbandes Niedersächsischer Jagdaufseher (es besteht dabei u.a. auch die Möglichkeit, Fangschüsse unter halbwegs realistischen Bedingungen abzugeben) oder das spezielle Kurzwaffenseminar dieses Verbandes
- Seminare am Jägerlehrhof Springe "Umgang mit der Kurzwaffe"
- Kurzwaffenkurse bei "Long Range Germany" (mehrtägiges, extrem intensives Schießtraining)
- Seminar "Der richtige Umgang mit der Kurzwaffe" von der Deutschen Jagdzeitung (guter eintägiger Einstieg)