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Bergjagd: Ausrüstung und Vorbereitung für weite Schüsse

Es mag Jäger geben, die mit einer sehr vertrauten Waffe und irgendeiner altertümlichen Optik auch auf weite Distanz schießen können. Der Normalfall ist das jedoch nicht. Um auf auch größere Entfernung sicher treffen zu können, gibt es aber eine Reihe von Ausrüstungsgegenständen und Trainingsmaßnahmen, die ich für empfehlenswert halte.
Zunächst einmal benötigt man eine Waffe in einem geeigneten Kaliber. Geeignet ist ein Kaliber in meinen Augen dann, wenn es flach genug schießt, eine hohe Auftreffenergie und ein ausreichend schweres Geschoss ermöglicht und vom Schützen gut beherrschbar ist (und sei es mit Mündungsbremse, Magnaport und/oder Kick-stop). Natürlich kann man eine solche Auswahl letztlich nur anhand einer konkreten Fragestellung (Welches Jagdland? Welches Wild?) beantworten. Wenn man vergleichsweise schußhartes Bergwild in Extremregionen bejagt, wo Nachsuchen so gut wie unmöglich sind, kommen beispielsweise die .300 Win Mag, .300 Winchester Short Magnum, .300 Weatherby Mag oder .338 Lapua Mag in Betracht. In anderen Fällen wie den Highlands oder den Alpen mögen auch schon die .270 Win, 7 mm Rem Mag u.a. genügen.

Dass die Waffe selbst auch robust genug sein muss, versteht sich. Bei der Frage, wie leicht oder schwer Waffe und Optik sein dürfen, habe ich allerdings eine andere Meinung als die meisten Bergjäger. Ich nehme ein höheres Gewicht in Kauf und bereite mich körperlich entsprechend vor. Die damit einhergehende Anstrengung ist mir weniger wichtig, als die Präzision und Sicherheit, die ich persönlich mit meinem schweren Repetierer erreichen kann.



Der Auswahl des geeigneten Kalibers schließt sich die Auswahl der passenden Patrone an. Diese ist je nach Wildart unterschiedlich. Was bei einem Berghirsch ausreicht, kann für eine Pyrenäengams oder einen sibirischen Steinbock ungeeignet sein. Im Zweifelsfall will ich ein Geschoss, dass einerseits ausreichend Energie abgibt und andererseits genug Durchschlagskraft und Restgewicht hat. Ich habe beispielsweise erlebt, dass die RWS Kegelspitz bei Highlandhirschen keinen Ausschuss ergibt und alternativ RWS Doppelkern oder Nosler Partition verwendet - erst recht für Steinbock und Gams.
Man tut gut daran, sich bei der Recherche auf Fachliteratur zu stützen wie z.B. Craig Boddingtons "The Perfect Shot. North America." oder Kevin Robertsons "The Perfect Shot. Shot Placement for African Big Game."

Dann benötigt man eine gute Optik und Montage. Unter "gut" verstehe ich zum einen robust genug, um die Strapazen einer Bergjagd auszuhalten (ich habe auf Leihwaffen Montagen erlebt, die nach zwei Tagen in alle Richtungen beweglich waren und somit komplett ausfielen) und zum anderen mit ausreichender (am besten variabler) Vergrößerung und am besten auch noch Absehenschnellverstellung, die es einem ermöglicht, auf alle Distanzen "Fleck" zu schießen. Natürlich sind solche Optiken mit ab 2.000 Euro aufwärts teuer, aber ich sehe bei schwerem Gelände und mehrfacher Nutzung wenig Alternativen.
Ballistische Absehen, die einem für verschiedene Entfernungen Hilfslinien oder Punkte anbieten, halte ich nur bei wirklich intensivem Training für bedienungssicher genug. Jäger sind nun einmal keine Scharfschützen und verfügen in aller Regel nicht über deren Übungsmöglichkeiten und -häufigkeit.
Und Hinweise wie "eine Handbreit über der Rückenlinie anhalten", halte ich erstens für wenig tierschutzkonform und zweitens würde ich nicht um den halben Erdball reisen, tausende Euro ausgeben, um dann mit vergleichsweise wenig Übung ein solches Risiko einzugehen. Ganz abgesehen von dem Tier, dessen Leid ich nicht verantworten will, heißt es in der Regel "angeschweißt gilt als erlegt" und kostet den vollen Abschußpreis ...

Ich habe mehrfach erfolgreich ein schweres Harris-Zweibein benutzt und natürlich auch oft über den Rucksack geschossen. Ich habe zur Verifikation meines Eindrucks in Wetzlar auch eine Vergleichsserie mit Zweibein, Rucksack und ohne Hilfsmittel auf 300 m geschossen. Das Ergebnis ist klar: Zweibein unterstützt mehr als Rucksack, auch wenn es noch mehr Gewicht bedeutet. Aber ohne eins von beiden ist das Schießen reine Lotterie. Wenn irgend möglich nutze ich zusätzlich noch ein kleines Säckchen für den Hinterschaft. Aber im Gelände ist das purer Luxus.

Vor wenigen Jahren noch von mir belächelt, aber inzwischen hochgeschätzt, ist schließlich der Laser-Enfernungsmesser, der ebenfalls wasserdicht und robust sein muss. Zwar habe ich viele Situationen erlebt, wo nicht genug Zeit war, ihn zu verwenden (das bedeutet, Entfernungen schätzen muss man trotzdem weiter trainieren), aber es war auch oft genug möglich, etwa, indem man mehrere Tage im gleichen Gebiet jagt und sich von guten Plätzen aus wichtige Entfernungen messen und einprägen kann.

  
Unerlässlich ist es jedoch, dass man mit der Waffe vertraut ist und das Verhalten des gewählten Geschosses auf allen Distanzen zwischen 100 und 300 Metern kennt - am besten in 25 m Schritten. Die Werte für die Klickverstellung sollte man dann an der Waffe befestigen und am besten noch aufwändig lernen. Ich vertraue weder den Ergebnissen von Ballistikprogrammen, noch den Herstellerangaben für Zielfernrohre. Bei beiden habe ich zu starke Abweichungen erlebt.

Auch Entfernungsschätzen will gelernt sein und zwar am besten mit Entfernungsmesser in Gelände. Wenn man einen Helfer hat, der sich einfach Mal eine Stunde lang zwischen 100 und 400 Meter Entfernung bewegt und vielleicht noch Schilder hoch hält, die Schrift in verschiedener Größe aufweisen, beginnt man, ein Verständnis dafür zu entwickeln, was man durch sein Glas oder Zielfernrohr und mit bloßem Auge sieht ...