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Nässeschutz auf der Jagd

Nässeschutz ist für eine kurze Pirsch oder gar einen einmaligen Ansitz weit weniger entscheidend, als für eine mehrtägige Reise mit eingeschränktem Zugriff auf zusätzliche Bekleidung und Möglichkeiten zum Trocknen.

Dafür schlage ich folgende Ausrüstung vor:

Robuste Gummistiefel mit guter Sohle, in denen man (nachweislich) gut gehen kann, sind in allen Szenarien mit großer Nässe ohne längere Märsche (z.B. Pirsch in einem Sumpfgebiet) die erste Wahl.
Ich habe gute Erfahrungen mit Stiefeln von Lacrosse gemacht.
Für Märsche und schwierigere Gelände (z.B. schottische Highlands, schwedische Tundra) hingegen sind gut imprägnierte Lederstiefel, die dem Fuß Halt geben, mit wasserdichten Gamaschen alternativlos. Am besten hat man davon zwei Paar zur Verfügung, die man abwechselnd anzieht, so dass jeweils ein Paar lange genug trocknen kann.
Schnelles Trocknen zu nah an einer Wärmequelle (z.B. Ofen) kann den Schuh beschädigen. Längere Zeit nasse Füße kann zu einem schmerzhaften Ablösen der Haut, dem sogenannten "Grabenfuss" (ein wegen der Nässe in den Schützengräben im Ersten Weltkrieg häufiges Phänomen) führen.


Lacrosse-Stiefel mit Pflegemittel 


Alternativ gibt es für die normalen Jagdstiefel wasserdichte Überschuhe, z.B. gebraucht von der Bundeswehr (Ebay oder Armeeshops). Kontrolliert auf Schäden und aufgearbeitet mit Pflegemittel (z.B. von Aigle), können sie noch lange gute Dienste leisten. Zum längeren Marschieren sind sie aber weniger geeignet als Gummistiefel.


Nässeschutz-Überschuhe der Bundeswehr: 10 Euro bei Ebay


Qualitativ hochwertige wasserdichte und atmungsaktive Jacken und Hosen (wie z.B. "Yukon" Hose und Jacke von Kuiu) sind ein ebenso wichtiger Ausrüstungsbestandteil. Am besten ist es, wenn man diese Kleidungsstücke zusätzlich zur Belüftung öffnen kann (z.B. unter den Armen) und die Reißverschlüsse gegen das Eindringen von Nässe abgedichtet sind.
Allerdings stellen die Materialien dieser Kleidungsstücke fast unvermeidbar eine Lärmquelle dar (z.B. Aneinanderreiben der Hosenbeine oder Reibung von Gewehr-, Rucksack- und Fernglasriemen auf der Jacke). Eine Kompromisslösung ist das Tragen des Regenschutzes unter einer weiteren, lärmdämpfenden Bekleidungsschicht - auch wenn sich diese dann mit Nässe vollsaugen kann.

Ein leistungsstarker Fön (am besten mit Kaltluftfunktion) leistet bei Stromanschluss ungeahnte Dienste beim Trocknen aller Ausrüstung und Bekleidung.

Ein Drybag, also eine fest verschließbare und sehr leichte Hülle, hält nicht nur trockene Bekleidung oder Nahrungsmittel im Rucksack selbst bei Dauerregen trocken, sondern verhindert z.B. auch, dass nasse Bekleidung im Rucksack den trockenen Inhalt ebenfalls durchnässt.

Für alle Bekleidungsstücke sind zwei bzw. drei Garnituren das Mindestmaß: eine am Körper, eine beim Trocknen, eine in Reserve.

Kleidungsstücke sollten aus schnelltrocknender Kunstfaser sein. Ausnahmen sind statische Einsätze (man schwitzt nicht) oder (für die Auswahl von Socken) eine Kombination aus Nässe und Kälte wenn man Gummistiefel trägt. Dann darf es im Extremfall (Litauen im März bei 0 bis 4 Grad) 600er Merinowolle sein.


Yukon Jacke und Hose beim Trocknen in einer Hütte in Litauen


Auch für die Waffenoptik kann Dauerregen ein Problem darstellen. An älteren Zielfernrohren perlt der Regen nicht ab und/oder sie beschlagen. Papiertaschentücher hinterlassen Papierreste auf der Optik, so dass ein kleines Stück Stoff in der Hosentasche (ich nehme Teile ausgedienter T-Shirts zu Waffenreinigen und auch für diesen Zweck) gute Dienste leisten kann.

Schließlich sind warme bzw. heiße Getränke in einer guten Thermoskanne (die beste ist meiner Erfahrung nach tatsächlich eine 0,5 l Kanne der Marke Thermos, die man vor Befüllen mit heißem Wasser ausgespült hat) oder frisch zubereitet eine Wärmequelle und ein wichtiger Motivationsfaktor.

Die Frage, wie sinnvoll eine Jagd bei Dauerregen ist, behandele ich hier nicht. Regen an sich ist aber meiner Meinung nach kein Grund, aufzugeben. Bei der einen Tierart (z.B. Rehwild) erfordern die Äsungszyklen auch ein Äsen bei Regen, bei der anderen mag das zwar nicht der Fall sein, bei 12 oder mehr Stunden Dauerregen hat das Wild aber kaum Alternativen als wenigstens eine kurze Äsung. Und schließlich ist auch der geschützte Aufenthalt unter Bäumen oder in Dickungen nicht ohne Chancen. Genau dort habe ich z.B. einen guten schottischen Bock geschossen. Viele Möglichkeiten, unterzuziehen hatte er nämlich nicht ...