Bergjagd und Ernährung

Ernährung und Schlaf sind oft unterschätzte Einflußfaktoren bei der sportlichen Jagd und ihrer Vorbereitung. Anders als in den USA hat sich in Deutschland kein Angebot an Trainern und Trainingseinrichtungen für diese sportliche Jagd herausgebildet. Wer nach Informationen sucht, ist deshalb gut aufgehoben, wenn er sich bei "benachbarten" Sportarten wie Bergsteigen, Trecking und - "etwas weiter entfernt" - Marathon und Triathlon umsieht.
Ich habe für folgenden Überblick rund zehn Artikel in Zeitschriften für Bergsteiger, Trecking-Reisende, Marathonläufer und Triathleten durchgesehen und die Ergebnisse und meine eigenen Erfahrungen von unterschiedlichen Gebirgsjagden mit anderen Jägern und Sportlern diskutiert.

Häufig bei der Bergjagd in Europa: Fette fleischlastige Speisen (hier: Mufflon-Eintopf in den Pyrenäen)
 
Allgemeines
Vereinfacht gesagt sollte der Ausdauersportler einen hohen Anteil an Kohlehydraten zu sich nehmen, um seinen Blutzuckerspiegel über eine lang andauernde Leistung hinweg konstant zu halten. Wer hingegen Kraftsportler ist oder abnehmen möchte, benötigt mehr Eiweiß als der Ausdauersportler.
Allerdings kann der Körper selbst bei gutem Trainingszustand nicht so viel Energie aus den Kohlehydraten speichern, dass es für mehr als rund 90 Minuten Dauerbelastung reicht.

"Gute" Kohlehydrate, die langsam verdaut werden und dadurch für einen gleichbleibenden Blutzuckerspiegel sorgen, stecken u.a. in Vollkornprodukten, Reis (nicht weißem), Trockenfrüchten und bissfest gekochten Hartweizennudeln und Gemüse.

Einen Anteil von rund 25 Prozent wird pflanzlichen und tierischen Fetten vorbehalten und schließlich zum kleinsten Teil eiweißhaltiger Nahrung wie Milchprodukten, magerem Fleisch und Fisch.

Zusammenstellung für eine mehrtägige Jagdtour in Kanada mit Übernachtung im Flycamp

Vor der Jagd
Vor Antritt der Jagd(reise) befindet man sich in der Trainingsphase. Die Auffassung, dass ein spezielles Training notwendig ist, ist zumindest bei teureren Fernreisen inzwischen weiter verbreitet als noch vor ein paar Jahren. Dazu mag auch beitragen, dass viel mehr Jäger heute mehrere tausend Euro für eine Gebirgsjagd in Asien, den USA/Kanada oder Neuseeland ausgeben und dafür auch einen Gegenwert in Form einer erfolgreichen Jagd haben möchten. Jagdlicher Erfolg ist ohne eine entsprechende körperliche Fitness, die auf die spezifischen Anforderungen des Reisezieles zugeschnitten ist, jedoch unwahrscheinlich. Kaum jemand ist sozusagen aus dem Stand fit genug, um in 3.000 Metern Höhe anstrenge Ritte und Märsche zu absolvieren.

In dieser Phase stehen einem alle Möglichkeiten zur Verfügung, die eigene Ernährung zu steuern. Eine Orientierung an dem eingangs Gesagten (Kohlyhydrate, Eiweiß und Fette) ist deshalb leicht möglich.

In den letzten Tagen vor Beginn der Tour, so wird in vielen Beiträgen geraten, wird zu einem eher noch höheren Anteil an kohlehydratreicher Nahrung geraten.

Während der Jagd
Weil sich der Energiespeicher bei Dauerbelastung nach rund eineinhalb Stunden leert, wird in den meisten Beiträgen vorgeschlagen, auf der Tour selbst in kurzen Abständen weiter Energie zu sich zu führen, beispielsweise in Form von Riegeln, Trockenobst und Nüssen. Wegen der Umstände der Jagd (erfordert möglicherweise eine andauernde Aufmerksamkeit auf der Suche nach Wild und Geräuschdisziplin) und der Unkenntnis des Jagdführers greife ich hierbei zu Riegeln, die man problemlos in einer Jackentasche mitführen kann. Phasen der Ruhe, z.B. wenn man zum Abglasen eine Weile an einem geeigneten Ort bleibt, bieten sich darüber hinaus an, leise auf Außentaschen des Rucksacks zuzugreifen.

Die Akzeptanz einer dauerhaften Versorgung bei Jagdführer und Kameraden ist durchaus ein Faktor, der bedacht werden muss. So ist es heute Allgemeingut, dass man vor und während Belastungssituationen gut hydriert sein sollte. Ich trinke also kontinuierlich. Am Berg nimmt oft das Durst- wie auch das Hungergefühl ab und deshalb lege ich eine Tagesmenge fest, die ich auf jeden Fall trinke. Aber zuletzt hat mich ein Jagdführer in den Pyrenäen gefragt, ob ich krank sei, weil ich ständig Urin ausscheiden mußte und auch noch dessen Farbe kontrollierte.

Unabhängig von dieser permanenten Nahrungszufuhr, wird gerade in der Bergsteigerliteratur eine große Brotzeit mit fetthaltiger Nahrung vorgeschlagen, also durchaus Brote mit Speck, Salami und Käse. Und genau das ist es auch, was mein bergsteigender Freund auf unsere gemeinsamen Touren mitnimmt. In Asien ist es ganz ähnlich, während man von Schottland bis Südfrankreich oft Lunchpakete mit Sandwiches und Schokoladenriegel bekommt.

Snacks für Zwischendurch aus einer skandinavischen Tagesration

Am Abend nach der Jagd
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Man hat eine wirkliche Pause mit (eingschränkten) Versorgungsmöglichkeiten wie in Europa oder den Basislagern Asiens oder Kanadas oder man übernachtet in einem Flycamp und hat nur das, was man selbst mitgeführt hat.

In einem Flycamp ist man auf gefriergetrocknete Nahrung und Getränkepulver angewiesen, wie man es z.B. von skandinavischen Armeelieferanten in hervorragender Qualität bekommt. Ich würde einige dieser leichten Mahlzeiten auch dann mitnehmen, wenn es heißt, dass für das Essen Sorge getragen wird - zu leicht kann es sein, dass man es nicht verträgt. Im Gebirge, wo man ohnehin in der Regel weniger Appetit hat, schwächt eine Magenverstimmung zusätzlich. Wer bereits zu Hause getestet hat, wie er diese Armeenahrung reagiert, hat wenigstens einen "Plan B".

Gefriergetrocknete Nahrung am besten vor Reiseantritt ausprobieren.

Einige Produkte können direkt in der Verpackung zubereitet werden (man benötigt dann nur heißes Wasser und spart sich Geschirr), andere benötigen nicht einmal heißes Wasser, weil sie sich ohne Feuer mit beigefügten Heizelementen erwärmen lassen. Es bietet sich an, die Zubereitung zu Hause in Ruhe ein, zwei Mal zu üben.

Zu Unterscheiden sind Rationen von Einzelnen Gerichten, denn bei Rationen (oft für einen Tag voller körperlicher Anstrengung bemessen) sind vielerlei Dinge dabei, die auch Hinweise dazu geben, was (skandinavische) Streitkräfte für die Ernährung ihrer Soldaten unter Belastung für sinnvoll halten: beispielsweise mehrere Snacks wie (gesalzene) Erdnüsse, Riegel aus dunkler Schokolade oder Frucht-/Müsliriegel.

Zu bedenken ist unter solchen Reisebedingungen auch die Notwendigkeit, Wasser zu filtern (selbst, wenn es abgekocht wird) und damit trinkbar zu machen. Wer eine Diskussion darüber mit seinem Jagdführer vermeiden will, kauft sich so etwas wie den Katadyn Wasserfilter BeFree, der in einen faltbaren Trinkbeutel integriert ist und mit dem sich unauffällig sauberes Wasser trinken läßt.
Sofern man selbst einen Gaskocher mitführt, sollte man im Falle eines kalten Reiseziels auch darauf achten, dass das Gas dafür geeignet ist. Ein Feuerzeug kann man leicht in der Wärme der Hosentasche funktionsfähig halten, bei einem Gaskocher ist das wegen seiner Größe und notwendigen Betriebsdauer hingegen schwieriger.

Kann in der Tüte zubereitet und auch daraus gegessen werden

Für Notfälle
Da man ohne Nahrung eine ganze Weile überleben kann, geht es hier nicht darum, Essen mitzuführen, um nicht zu verhungern. Aber eine Art Notfall, der bereits mehrfach bei mir eintrat ist, dass sich die Jagdtour aufgrund von schlechtem Wetter, Nachsuche oder aus anderen Gründen nicht nur verlängerte, sondern mich auch viel stärker als vorhersehbar war, körperlich belastete.
Für diese Fälle habe ich immer extra Riegel und Traubenzucker mit. Die Riegel sollen meine grundsätzliche Leistungsfähigkeit verlängern, aber der Traubenzucker hat einen kurzfristigen Effekt auf den es manchmal ankommt (zum Beispiel bis zum Erreichen eines Zieles, wo man gefahrlos rasten kann oder bis zum erfolgreichen Abschluss einer Nachsuche).

Wenn man hingegen irgendwo ankommt oder zwischenlandet, ohne dass es (noch) Versorgung gibt oder man die richtige Währung mitführt, besteht zwar kein Notfall, aber dennoch beeinträchtigt mich ein Hungergefühl so, dass ich immer zwei Packungen Hartkekse in meinem Handgepäck (einem Rucksack) mitführe.

Nach der Jagd
Sobald man vollständig regeneriert ist und bevor man sich auf das nächste Ziel vorbereitet, ist der Zeitpunkt gekommen, temporär etwaige andere Ernährungsprinzipien umzusetzen - etwa, wenn man abnehmen möchte oder Kraft aufbauen will. Denn dafür ist in einer Trainingszeit für einen harten Ausdauersport kein Platz.


Die Hinweise dieses Beitrags sind nichts grundsätzlich Neues. Auch eine systematische Vorbereitung auf eine fordernde Auslandsjagd setzt sich meiner Beobachtung nach mehr und mehr durch. Es kann aber noch keine Rede davon sein, dass der Auslandsjagd und ihrer Vorbereitung auch nur ansatzweise so umfassend Aufmerksamkeit geschenkt wird, dass die Ernährung vor, während und nach der Reise dabei eine wichtige Rolle spielt. In anderen Sportarten gehört die Ernährung hingegen zu den Basics. Ich möchte mit diesem Artikel einen Beitrag zu diesem Transfer leisten.